Fiesole
 
 
 
Toskana
Emilie-Romagna
Friaul
Ligurien
Lombardei
Piemont
Südtirol
Venetien
Paris
Frankreich
 
 
 
 

 

Fiesole Historie von Fiesole

 

 

 

 

 

HISTORISCHER ABRISS

Das Zeitalter der Etrusker
Die Frage nach dem Ursprung der Etrusker ist noch heute von einem geheimnisvollen Schleier umgeben und zwar aufgrund drei noch ungelöster Probleme: jenes der Herkunft oder der ethnischen Formung; jenes der Sprache, die immer noch nicht enträtselt ist; jenes der zeitlich-geschichtlichen Zuordnung, die noch weitgehend unsicher ist.

Die grichische Interpretation, die auch von lateinischen Schriftstellern übernommen wurde, ist der Meinung, daß die Etrusker aus dem Orient und genauer aus Lydien stammen: Herodot schreibt, daß zwischen 1250 und 1221 v. Chr. in Lydien zur Zeit des König Atys eine verheerende Dürre hereinbrach, die den König nach einer Reihe erfolgloser Gegenmaßnahmen
zwang, die Bevölkerung in zwei Hälften aufzuteilen, von denen durch Losentscheid die eine Hälfte bleiben und die andere auswandern mußte.

Von Smyrna aus kamen die Aussiedler über das Meer zu den Umbrern, wo sie seßhaft wurden. Den Namen Lydier änderten sie zu Ehren ihres Führers, eines Sohn des lydischen Königs, in Tyrrhener um.

Von dieser Version unterscheidet sich die Überlieferung des Dionysius von Halikarnaß, der die These aufstellte, daß die Tyrrhener, dann Etrusker, Ureinwohner Italiens waren: « Die Wahrheit ist mehr auf Seiten jener, die behaupten, daß es sich nicht um ein von auswärts kommendes sondern um ein urwüchsiges Volk handelt, weil es äußerst archaisch ist und keine Gemeinsamkeiten mit irgendeinem anderen Volk aufweist, weder der Sprache noch den Gebräuchen nach. »

Im 6. Jahrhundert v. Chr. erlebten die Etrusker ihre höchste Blütezeit. Ihre wirtschaftliche und politische Macht und ihre Zivilisation erstreckten sich über weite Teile der italienischen Halbinsel.

Die territoriale Ausbreitung entsprach dabei den verschiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsstufen und zielte in der Zeit zwischen dem 7. und 4. Jh. v. Chr. vor allem in drei Richtungen: Nach der Festigung Zentraletruriens mit der ältesten etruskischen Stadt Tarquinia sowie den Städten Vulci, Vetulonia, Cerveteri, Arezzo, Chiusi, Roselle, Volterra, Cortona, Volsinio (dem heutigen Orvieto), und Populonia, dem großen Zentrum am Meer, folgte mit dem Eindringen in Latium und Kampanien von Anzio bis Sorrent die Eroberung der Südhälfte der Halbinsel mit Nola, Capua, Pompeji, Herkulaneum, dann der Nordhälfte mit der Poebene und den Städten Mantua, Adria, Spina, Melpo und Felsina (dem heutigen Bologna) sowie des westlichen Teils jenseits des Flusses Magra in Ligurien.

Damit waren bereits die großen vorrömischen Handelsstraßen beschritten, die unter römischem Namen geläufig sind, weil sie von den Römern übernommen und ausgebaut wurden: Die Aurelia, Küstenstraße am Tyrrhenischen Meer; die Claudia, von Sorrent bis Luni und darüberhinaus führend; die Cassia im Landesinnern, von Rom nach Fiesole; die Flaminia von Rom nach Rimini; die Emilia von Rimini nach Piacenza.

Während dieses Expansionsprozesses, der sich zwischen dem Zentrum der Halbinsel und der Poebene ausbreitete, trafen die Etrusker auf jene Hügel, die das Tal des Arno und des Mugnone beherrschen und nannten sie Vipsul. Im Tal des Arno, das ein weites Sumpfgebiet mit nur kargem Ackerland war, lebten nur wenige Bauern in primitiven Behausungen.

Die Etrusker sahen den Wert dieses Landstrichs in seiner natürlichen, strategischen Position und in der Möglichkeit, Befestigungsanlagen zu schaffen, die sicher vor Überschwemmungen waren, gute Fernsicht hatten und damit ausgezeichnete Bedingungen für Angriff wie Verteidigung boten.

In der Tat war Fiesole kein Hauptzentrum, sondern eine Militärstation für den Durchgangsverker zwischen Zentraletrurien und der Poebene und als solche zu einem Bollwerk befestigt gegen die Horden der Gallier und Kelten, die wegen der Appenninpässe mit den Etruskern im Krieg lagen. So entstand also das als Festungswerk angelegte etruskische Fiesole, mit einer aus großen Rechteckquadern bestehenden Mauer, die die beiden Hügel von San Francesco und Borgunto verband.

Die Höhe der Mauer erreichte häufig sechs Meter und mehr, und ihr Durchmesser ist niemals geringer als zwei Meter. Ihre Länge betrug etwa drei Kilometer. Die geringe Zahl der Einwohner, die alle von Ackerbau und Viehzucht lebten, erfährt mit der starken Zuwanderung der Etrusker einen enormen Anstieg, und unter deren Einfluß nehmen sie Teil an der großen Evolution der etruskischen Zivilisation, die ihrerseits ohne Zweifel auch Einflüsse anderer europäischer Völker, wie der Griechen, Phönizier und Karthager aufnahm, mit denen sie über Handelskontakte verbunden war.

Die gefundenen Grabbeigaben wie Waffen, Gebrauchs- und Schmuckgegenstände waren Produkte, die griechischen Exemplaren zuweilen sehr ähnelten. Etrurien war reich an Metallen: Kupfer und Eisenerz auf der Insel Elba und deren Verarbeitung in Populonia; außerdem Zinn, das für die Bronzeherstellung gebraucht wurde. Die wenigen erhaltenen etruskischen Bronzearbeiten sind echte Meisterwerke, aber auch die Gold- und Silberarbeiten erreichen eine bemerkenswerte Feinheit, die in den verschiedensten Objekten wie Gürtelschnallen, Haarnadeln, Broschen, Kopf- Arm- und Halsschmuck zu bewundern ist.

Der reichhaltige Holzbestand Etruriens (Pinien, Tannen, Buchen) ließ eine intensive Holzverarbeitung, insbesondere für den Schiffsbau, entstehen. Wenn auch die Güterproduktion einen entscheidenden Impuls für die Handelsentwicklung mit den anderen Völkern bedeutete, so wußten die Etrusker doch, daß Grundlage ihrer ökonomischen und sozialen Ordnung die Landwirtschaft war, sowohl wegen der Fruchtbarkeit des vorhandenen Ackerlandes als auch wegen der beträchtlichen Möglichkeiten weiterer Urbarmachung. Ihre Erfahrung im Wasserbau nutzten sie zur Urbarmachung der Küstenzone, zur Kanalisation der Sümpfe in der Val di Chiana, des Podeltas und der Poebene sowie des Arnotals bis zur Mündung.

Um die wasserarmen Gebiete zu erschließen, begab man sich mit Hilfe von Aquilices, die je nach Feuchtigkeit des Erdreichs oder der Art des Pflanzenwuchses Wasseradern anzeigen konnten, auf die Suche nach Brunnen. Meisterhaft waren die Etrusker auch im Brückenbau, wo sie anfingen, die Gewölbekonstruktion anzuwenden, die eine der besonderen Charakteristiken ihrer Baukunst ist, sei es in der einfachen Form des falschen Bogens und falschen Gewölbes oder in der vollkommenen Form des Rundbogens und des Rundgewölbes. Bedeutung und Umfang ihres Handels ließen die Notwendigkeit eines eigenen Geld-, Maß- und Gewichtssystems entstehen. Als Geldmünzen benutzte man seit jeher unveredeltes Metall, dann viereckige Bronzestücke mit verschiedenen Prägungen von Linien und Symbolen, und erst im 5. Jh. v. Chr. begannen sie Silber- und Goldmünzen zu gebrauchen, zuerst in Form glatter Scheibchen, dann mit einseitiger Prägung, ähnlich der griechischen Münzen, und im 4. Jh. v. Chr. dann folgte die zweiseitige Prägung mit den Namen der bedeutendsten etruskischen Städte.

Als Gewichte und Maße dienten Stücke aus aes signatum mit eingestanzten Ziffern als Wertangabe. Zum Wiegen hatten sie besondere Waagen, von denen ein gut erhaltenes Muster aus Bronze im Museum zu Chiusi steht.

Die Religion war wesentlicher Bestandteil der gesellschaftlichen und politischen Ordnung. Heilig war die Heirat, die Familie, und heilig war auch der Privatbesitz. Seine religiöse Formung entwickelte Fiesole durch die Annahme der etruskischen Gottheiten, die ihrerseits älteren Kulturen entlehnt waren: Die ägyptischen Misterien und Riten von Isis und Osiris, der Kult der Söhne von Athis und Kybele, der Kult der Kabiren von Samothrake, die griechischen Gottheiten Tinia (Zeus), Menrva (Minerva), Uni (Juno). Diese Dreieinigkeit Tinia, Menrva, Uni übernahm die Oberhohheit über die anderen Götter. Der Kult dieser dreifaltigen Gottheit wurde in dreischiffigen Tempeln praktiziert, was ebenso typisch für die Etrusker war wie die Auffassung des mundus als « Ornament », das die Welt der Toten mit jener der Lebenden verband. So wie Fiesole der Ancharia geweiht war, hatten auch die anderen Städte ihre Schutzgötter: Tarquinia Tarconte, Vetulonia Portunno, Volsinio Nursia etc. Eine Grabschrift erinnert, daß Magilio Triumviro auf eigene Kosten das der Ancharia geweihte Heiligtum restaurieren ließ.

Die religiösen Riten wurden von einer Musik begleitet, deren Instrumente lange Blashörner, sogenannte « tube tirrene », Flöten aus Hörn, Metall und Holz, Zittern und eine Art Gitarre, « colascioni », waren.

Vom Leben des Jenseits hatten die Etrusker eine äußerst pessimistische Vorstellung. Der Ritus der Leichenverbrennung bedeutete, daß die Toten nicht mehr zurückkehren und die Existenz der Lebenden verwirren sollten. Später wurde durch den Kontakt mit den Griechen und Italikern der Ritus des Leichenbegräbnisses eingeführt, und die Konzeption des Jenseits veränderte sich mit der Annahme des Glaubens an ein Weiterleben des Geistes des Verstorbenen,´dessen sterbliche Reste auch zu erhalten versucht wurden. Im 4. Jahrhundert v. Chr. wurde diese Konzeption durch jenes Element erweitert, das die Zivilisation bis in unsere Tage begleitet: Der Glaube an die Hölle, die von schrecklichen Dämonen wie Tuchulcha beherrscht wird, die den Sündern schlimme Strafen auferlegen, während die guten Seelen nach verschiedenen Läuterungen inmitten von Tänzen und Gelagen zur ewigen Seeligkeit geführt werden.

Als Begräbnisstätten baute man Gräber in Hügelform mit rechteckigen und kreisförmigen Grundriß (Tumulus) und als Turm. Bei der Feuerbestattung gebrauchte man Urnen. Im Archäologischen Nationalmuseum von Florenz sind etruskische Aschenurnen aus Stein aus dem 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. zu sehen. Besondere Aufmerksamkeit erweckt ein Grabstein aus dem 7. Jahrhundert v. Chr., auf dem ein mit Speer und Kriegsbeil bewaffneter Krieger dargestellt ist mit der Inschrift Larthi Aninies.

Auch im Stadtmuseum von Fiesole sind Urnen und Grabplatten gesammelt, unter denen wir ein herrliches Exemplar aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. finden, in hellem Stein gehauen, mit drei sich überlagernden Szenen, unten eine Jagdszene mit einem Hund, der einen Hirsch faßt und oben zwei Tanz- und Festszenen mit der Bedeutung, die Freude des Jenseits hervorzuheben. Besonders interessant für die Grabarchitektur ist ein großes, aus hellen Steinquadern gefügtes Grabmal, das zu den Ausgrabungen von Monte Ceceri gehört und in der Via Bargellino zu besichtigen ist. Das Monument ist gut erhalten und von ausgezeichneter Qualität, mit rechteckigem Grundriß, einer Tür aus ineinander verzahnten Steinblöcken und einer Säule im Mittelpunkt als Deckenstütze.

Die Religionsführung lag in der Hand eines Priesters, der großes Ansehen auch in politischer Hinsicht hatte. Er war Glied einer Priesterhierarchie unter der Leitung eines Hohen Priesters, der alljährlich in der Fanum Voltumnae genannten Versammlung neu gewählt wurde.

Die Staatsordnung hatte eine bundesstaatliche Form mit einer einheitlichen Führung an der Spitze, die ebenfalls jedes Jahr in der besagten Versammlung, der Fanum Voltumnae neu bestimmt wurde.

Die politiche Einheit Etruriens war jedoch trotz der sprachlichen, kulturellen, religiösen und ethnischen Gemeinsamkeit nicht immer von Bestand. Jede Stadt oder jeder Staat präsentierte eine gewisse Unabhängigkeit, die auch kriegerische Konflikte unter den Bundesgenossen nicht ausschloß. Ebensowenig gab es die gemeinsame Kampffront im Krieg gegen andere Völker. Diese Bedingungen herrschten unter der ersten Monarchie mit Massentius, dem Tyrannen von Cere, mit Porsenna, dem König von Chiusi und Tolumnius, dem König von Veio, und ebenso auch zu Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr., als republikanisch orientierte Herrscher versuchten, die sich anbahnende Entwicklung dreier Gesellschaftsklassen, Adel, Bürger, Proletarier durch demokratische Regierungsformen zu steuern, indem sie die Bevölkerung in Landgemeinden einteilten, die in Abhängigheit der städtischen Gemeinden standen.

Das Oberhaupt der Regierung nannte sich Lucumon, der in einem Amt Feldherr, Magistrat und Priester war und der nach dem 5. Jahrhundert v. Chr. den lateinischen Titel Praetor Etrwiae trug.

Fiesole was bedeutender Regierungsvorort sowohl in der Zeit der Entstehung und Ausbreitung Etruriens als auch in der Friedenszeit. Sein Volk war äußerst kriegstüchtig und mit nicht weniger Passion der Kunst gewidmet, sei es als Bewunderer oder als aktive Künstler, und zu seinen natürlichen Anlagen für Kraft und Leistung kam die Leidenschaft für die Jagd und Güterwirtschaft. Im häuslichen Leben gebührte der Frau die führende Rolle, und das Konzept der Mutter war ein herausragendes Leitbild in der etruskischen Gesellschaft.

Mit diesem historischen Exkurs wollten wir Fiesole im Zeitalter der Etrusker darstellen, das wir als die Wiege der italienischen Zivilisation in jeglicher Hinsicht (politisch, religiös, gesellschaftlich) betrachten, um damit seine natürlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Kunst und des Handels zu erklären.

Das praeetruskische Italien war wild und primitiv; mit der Entstehung Etruriens hat es eine materielle und geistige Zivilisation ersten Ranges erfahren, die immer wieder all jene verblüfft, die sich mit dem Studium der Etruskologie befassen.

Leider haben diese Studien erst im 18. Jh. mit der Veröffentlichung T. Dempsters « De Etruria regoli libri VII » (1723-1724) ihren Anfang genommen. Darauf folgte eine archäologische Forschung, die allerdings nur sporadisch und ohne systematische Untersuchung des ganzen Territoriums durchgeführt wurde.

Und doch haben diese einzelnen Initiativen erstaunliche Risultate hervorgebracht, und während des ganzen vergangenen Jahrhunderts verging kein Jahr, ohne daß nicht neue Entdeckungen bekannt wurden:

Die großen Archäologen jener Zeit waren Luciano Bonaparte, Fürst von Canino und Francois, dem wir unter anderem den Fund eines wundervollen Kunstwerkes verdanken, das den Namen « Vaso Francois » trägt. Es handelt sich um eine der außergewöhnlichsten attischen Vasen mit schwarzen Figuren, datiert 570-560 v. Chr. Sie wurde 1884 bei Chiusi im Innern einer Grabkammer gefunden und ist aus 650 Einzelteilen wieder
zusammengesetzt worden (Archäologisches Nationalmuseum zu Florenz).

Neben Bonaparte sind die Archäologen G. P. Capana, Canina, G. Dennis, Martha und Montelius zu nennen. Nur langsam geht diese Forschung in unserem Jahrhundert voran, wenn auch die Risultate der einzelnen Grabungen von großer Bedeutung sind wie z. B. der Fund des Apollo von Veio und der Grabmäler von Mula und Montagnola bei Sesto Fiorentino.

Wir halten es für unsere Pflicht, öffentlich darauf hinzuweisen, daß diese Forschungsarbeit in der Praxis durch zahllose Diebstähle und spekulative Unternehmungen behindert worden ist, die dem Wissenschaftler und der Öffentlichkeit wertvolle historische Zeugnisse entzogen haben. Die mangelhafte Organisation und die Unsicherheiten bei der Erhaltung der

Funde wollen wir demgegenüber gar nicht anlasten. Die standortgebundenen Monumente, Grabmäler, Mauern, Tempel, etc. finden wir in vielen Orten der Halbinsel, vorrangig jedoch in Mittelitalien wie in Tarquinia. Chiusi, Vulci, Sesto Fiorentino, Fiesole, um die wichtigsten Zentren zu nennen. Die größten Sammlungen der Fundgegenstände sind in folgenden Museen: Nationalmuseum von Villa Giulia in Rom, Etruskisch-Gregorianisches Museum im Vatikan, Archäologisches Nationalmuseum in Florenz, Stadtmuseum Bologna. Kleinere aber bedeutende Sammlungen gibt es in Perugia, Chiusi, Tarquinia, Volterra, Orvieto, Cortona, Grosseto, Fiesole, dessen Stadtmuseum sich in der archäologischen Zone befindet, die einen Komplex von höchstem Wert darstellt: Das Theater, der Tempel und die Thermen.

Der aufmerksame Beobachter des etruskischen Fiesole wird eine ziemlich breite Kenntnis von der Epoche der Etrusker erreichen, wenn er die Monumente und archäologischen Sammlungen besichtigt, auf die wir in diesem Abschnitt hingewiesen haben.

Das Zeitalter der Römer

Zu Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. trafen die Etrusker auf die Schwierigkeit, die latialischen Volksstämme, die noch auf der praehistorischen Zivilisationsstufe der Eisenzeit standen, in ihren höherstehenden Kulturkreis einzugliedern. Jene konzentrierten sich in der Gegend des heutigen Rom (auf etruskisch Ruma) und fingen an, mit Hilfe der benachbarten latinischen Volksstämme die Expansion der Etrusker zu behindern. Der eigentliche Kampf um die Vormachtstellung Roms begann nach dem Tod des römischen Königs Ancus Marcius mit der Thronbesteigung des Etruskers Tarquinius mit dem Ziel, die latinischen Nachbarvölker, dann die Sabinier und schließlich auch die etruskischen Stämme im Norden zu unterwerfen.

Rom indessen entwickelte sich aus einem kleinen und armen Dorf aus Stroh- und Lehmhütten zu einer Stadt mit Häusern aus Mauerstein, Straßen, Plätzen, Torbögen und Geschäften.

Der Nachfolger Tarquinius', Servius Tullius, ebenfalls Etrusker und vermutlich aus Vulci stammend, führte das Werk seines Vorgängers weiter, indem er die Stadt größer und schöner gestaltete und die berühmte servianische Stadtmauer errichten ließ, deren Reste in der Nähe des Bahnhofs Termini heute noch vorhanden sind. Es gilt als sicher, daß die ersten großen Projekte die Trockenlegung der Sumpfzonen und das imposante Werk der Kanalisation, « la cloaca massima », waren, beides Ausdruck der fortgeschrittenen Kenntnis und Erfahrung der Etrusker auf diesem Gebiet.

Für einige Zeit blieb Rom unter etruskischer Herrschaft, der es jedoch nicht gelang, den latinischen Charakter der Stadt zu verwischen, der sich vor allem in der verschiedenen Sprache ausdrückt (bis heute wurde in Rom keine einzige Inschrift in etruschischer Sprache gefunden). Von den Etruskern übernommen hat Rom die Machtsymbole, d. h. das Liktorenbündel und das Beil der Liktoren, den kurulischen Stuhl, die mit Purpur dekorierte Toga.

Die Beherrschung Roms durch die Etrusker fand ihr Ende während der republikanischen Epoche Roms (531-509 v. Chr.). Mit der Eroberung der latinischen Nachbarvölker dehnte Rom seinen Herrschaftsbereich auf über 3000 Quadratkilometer aus, verbunden mit dem Zuwachs seiner Bevölkerung, und befestigt die Stadt zur Verteidigung vor den zahlreichen
in erster Linie von den Galliern um 390 v. Chr. verübten Raubzügen.

Während der sannitischen Kriege, die ein halbes Jahrhundert dauerten (von 343 bis 290 v. Chr.) erweiterte Rom noch einmal sein Territorium, indem es nicht nur die Sanniter sondern auch die Umbrer, die Etrusker und die Gallier unterwirft. Damit sichert sich Rom die Vorherrschaft über die ganze Halbinsel und legt den Grundstein für seine künftigen großen Eroberungen. Fiesole wird zum ersten Mal in der römischen Geschichte im Jahre 225 v. Chr. erwähnt, als es von den Galliern überfallen und von einem römischen Heer befreit wurde, das die Eindringlinge in der großen Schlacht bei Talamone vernichtete.

Während des zweiten punischen Krieges kämpfte Fiesole an der Seite der Römer gegen Hannibal (Schlacht bei Canne, 217 v. Chr.), und trotz schwerer Niederlagen und der Länge des Krieges blieb es treuer Bundesgenosse Roms.

Der römische Sieg schließlich ließ wieder das Ziel der Vorherrschaft Roms über ganz Italien aktuell werden, und folglich entbrannten erneut die kämpfe um die Wiedereroberung der Ligurier, der Gallier und der anderen Volksstämme auf der Halbinsel, die versucht hatten, ihre Unabhängigkeit von Rom zu festigen. Die Unterwerfung der Ligurier begann 197 v. Chr.

Sie besaßen das Küstenland zwischen Luni und der Mündung des Arno, und im Norden reichte ihr Territorium von den ligurischen Appenninen bis zum Po. Die Apuanen besaßen das ganze Gebiet zwischen Pisa und Piacenza. Die Kämpfe dauerten lange, und erst 115 v. Chr. wurde die römische Herrschaft auf der ganzen Halbinsel verwirklicht.

180 v. Chr. setzten sich die Römer erstmals im nördlichen Etrurien fest, wo sie auf pisanischem Gebiet den Stützpunkt Luca (Lucca) gründeten. Pisa ist sicher der älteste Name der Geschichte der Halbinsel. Die kleine Ansiedlung von Hütten wurde seit dem 15. Jahrhundert v. Chr. von den Mykenen als Hafen benutzt und etwa 1000 Jahre später von den Kelten besetzt.

Während Pisa von den Etruskern, die die Seehäfen des Argentario und jene nördlich von Luni bevorzugten, vernachlässigt wurde, erfuhr es durch Julius Caesar bei der Neuordnung des von den Römern eroberten Zentraletrurien eine neue Aufwertung. Beim Aufstand des Bundes der Italiker, der bei Ascoli Piceno begann und an dessen Spitze die Marsi, die Sanniter, die Peligner, die Vestinen und die Picenen standen, stellte sich Fiesole auf die Seite der Aufständigen. Die Liga fügte dem römischen Heer nicht unbedeutende Niederlagen zu, obwohl es unter seinen Feldherren Namen wie Marius und Sulla hatte.

Die vernichtende Niederlage der Liga hatte auch für Fiesole die Zerstörung zur Folge und zwar durch den Konsul P. Cato im Jahre 90 v. Chr. Wenige Jahre später steht Fiesole mit seinem militärischen Beitrag an der Seite Catilinas und wird Hauptquartier im Kampf gegen die Tyrannenherrschaft Sullas in Rom.

Aber der harte und blutige Kampf wandte sich zugunsten des von dem Konsul Antonius und dem Legaten Petreius geführten römischen Heeres, und in Fiesole wird eine Militärkolonie für Soldaten und Veteranen gegründet, die außerhalb der alten Stadtmauer in der Nähe von San Domenico ihren Platz findet. Aber die Rache Sullas war noch härter, er entzog Fiesole die staatsbürgerlichen Rechte und konfiszierte zwei Drittel des Gemeindegebietes, die er mittels persönlicher Schenkungen seinen Soldaten übergab.

Im Zusammenhang mit diesem Krieg ist Fiesole mehrmals in den Schriften des Sallust und des Cicero erwähnt worden. Bei Cicero heißt es: «Jene Kolonien, die Sulla bei Fiesole gründete, verfügen, so weit ich weiß, über hervorragende Staatsbürger und überaus starke Männer. Doch wegen des unerhofften und plötzlichen Glücks sind sie übermütig vor Stolz geworden und während sie sich als große Herren aufführen und in ihren Villen Banchette großen Stils geben, versteigen sie sich in dermaßen hohe Schulden, daß es zur Erlassung derselben notwendig wäre, daß Sulla wiederauferstände.»

Der folgende Abschnitt in der Geschichte Roms wird durch die dominierende Figur des Julius Caesar geprägt. Nachdem Caesar 56 v. Chr. an dem Konvent von Lucca teilgenommen hat, begibt er sich an die Neuordnung der römischen Eroberungen auf der Halbinsel. Mit der Vergabe der römischen Staatsbürgerschaft auch an die jenseits des Po lebenden Volksstämme erhalten Kelten wie Ligurier dieselben Bedingungen, wie sie den Italikern und an Sizilien gewährt wurden, und auf diese Weise erfüllt sich erstmals die Einheit Italiens in seiner ganzen geografischen Dimension.

Caesar veranlaßte auch die Neuordnung der Länderschenkung an die Veteranen in der Weise, daß die vormaligen Besitzer nicht zu sehr geschädigt wurden, und die Kolonisierung weitete er auf nur dünn besiedelte Landstriche aus. Unter dem Blickwinkel neuer historischer Studien ( l ) ist die These zu bewerten, daß Julius Caesar nach der persönlichen Aneignung öffentlicher und von privaten Großgrundbesitzern erworbener Ländereien selbst über einen beachtlichen Teil fiesolanischen Territoriums verfügte und dort eine Kolonie geleitet habe, die alsbald unter den Landvermessern berühmt wurde wegen der technischen Besonderheiten ihrer limitatio, und daß er den Anstoß für die Gründung des vicus Florentia gegeben habe, zum Zweck der Entschädigung für unverschuldete Konfiszierungen und der Befriedung der Bevölkerung.

Florentia ist somit als caesarianische Kolonie entstanden mit einer gemischten Bevölkerung aus Fiesolanern und « besten » Römern, mit einer geplanten « centuriazione » , die nach dem Krieg von Perugia unter Oktavian zugunsten der alten und neuen römischen Kolonien weiter erhöht werden mußte.

Die Stadt entsteht nach dem regulären städtebaulichen Muster des klassischen römischen castrum und entfaltet während der ersten Phase des römischen Reichs mit zunehmender Bedeutung Initiativen in Landwirtschaft und Handel. Mit Augustus setzte die Wiederbesinnung auf die moralischen Werte ein, die als maßgebliche Grundlage für die Organisation eines zivilen Staates angesehen wurden. Man bemüht sich um die Wiederbelebung der in Formalismen und Gleichgültigkeit abgesunkenen Religion und um die Wiederaufwertung der Familie, die seit langem ihren festen Verband und ihre Seriosität früherer Zeit verloren hatte.

Während die aus der etruskischen Epoche erhalten gebliebenen Monumente die Zweckbestimmung der Verteidigung (Mauergürtel mit Resten von Toren und Bastionen), der Religion (dreiteiliger, unter Sulla wiederhergestellter Tempel mit einem consaeptum macerie mit Opfertisch und mundiis] und der Totenehrung hatten (eine Reihe von Grabplatten und Totentischen sowie alle Überreste der Akropolis), sind die wesentlichen Monumente der römischen Epoche dem Leben gewidmet wie das herrliche römische Theater, die Thermen, die Reste unschätzbarer Skulpturen wie die Bronzewölnn, die kopflose Statue der Isis Toposiris und jene der Osiris sowie viele Vasen, Amphoren, Tonkrüge und Waffen, die alle im Stadtmuseum von Fiesole zu besichtigen sind.

Das Ende des Römischen Imperiums und das Christentum Der Übergang des Römischen Imperiums in das christliche Imperium war das zentrale von Constantin verwirklichte historische Ereignis. Im Jahre 312 proklamiert er die Religionsfreiheit und macht sich selbst zum Verfechter des Christentums. In den Insignien der Legionen ersetzt er den Adler mit dem Kreuz als Symbol des neuen Glaubens, das ihm mit der Schrift « In hoc Signo vinces » am Himmel erschienen war. Die offizielle Anerkennung des Christentums im ganzen Römischen Imperium erfolgte 313 mit dem Edikt von Milano.

Über drei Jahrhunderte hindurch hat das riesige Imperium, das alle Völker des Mittelmeerraumes mit rund 200 Millionen Menschen beherrschte, dem Druck einer Vielzahl von Angreifen widerstanden, die versuchten neue Gebiete zu erobern. Von Westen her kamen Vandalen, Westgoten, Franken, Alemannen, Hunnen, aus dem Orient die Byzantine.

Die gut organisierten und übermächtigen Barbaren drangen immer tiefer in die Halbinsel ein, und Fiesole wurde in die Kämpfe verwickelt. Im Jahre 405 überschritt der germanische König Radagasius die Alpen und stieß aus der venetischen Tiefebene über den Apennin bis in die Toskana vor. Die Verteidigung des Imperiums war dem gebürtigen Vandalen Stilicho anvertraut, die sich mit einem römischen Heer in Fiesole und Florenz bereithielt. Vom Mugello stieg Radagasius in das Tal des Mugnone hinab und belagerte beide Städte. Doch die klimatischen und geografischen Bedingungen des Landes machten den Angreifern sehr zu schaffen. Von Hunger und Krankheit geschwächt und nach vergeblichen Versuchen, sich einen Durchgang zu eröffnen, fand sich das germanische Heer zwischen den Hügeln und in den Tälern eingeschlossen und wurde schließlich am 23. August 405 in der Schlacht von Montereggi vernichtend geschlagen. Radagasius wurde gefangengenommen und enthauptet.

In Jahre 539 wurde Fiesole im Verlauf der gotischen Kriege von den Byzantinen unter Belisar angegriffen und fast völlig zerstört. Die Einwohner suchten größtenteils in Florenz Zuflucht. Der Übergang des zerfallenden römischen Imperiums an die Staaten römisch-barbarischer Herkunft und an die neolatinischen Volksstämme wurde durch die Universalität des Christentums bestimmt, das die Basis sowohl für das byzantinische Reich als auch für das sogenannte Heilige Römische Reich zunächst fränkischer, dann germanischer Nation bildete.

Mit Papst Gregor dem Großen (590-604) setzte eine lange Periode ein, in der sich das Papsttum als die dominierende politische und religiöse Kraft profilierte. Nach dem endgültigen Scheitern der Versuche byzantinischer Einflußnahme auf Rom wurde 787 die gesamte militärische und politische Organisation nebst sämtlichen bürgerlichen Einrichtungen der Kontrolle des Papsttums unterstellt. Mit diesem historischen Datum geht im Schatten der stürmischen Entwicklung von Florenz die militärische und ökonomische Bedeutung von Fiesole, nunmehr zum « castello » degeneriert, immer mehr zurück. Demgegenüber entwickelt es in derselben Zeit (etwa vom 5. bis 10. Jahrhundert) eine bemerkenswerte geistige

Blüte durch den Verdienst seiner Bischöfe San Leto, San Alessandro, Teodato, des Iren Donato, der als San Donato von Schottland bekannt war. Mit der Festigung des Christentums in Fiesole ging die Gründung von Krichen und Klöstern einher, die alsbald Zentren des bürgerlichen Lebens wurde. Die erste Kathedrale von Fiesole, die Badia Fiesolana, wurde an der alten Straße, auf halber Strecke, gebaut, wo die berühmten « Apostel Christi », unter ihnen San Romolo, gefallen und begraben sein sollen.

Die Kirche San Pietro in Gerusalemme wurde über den Grundmauern eines etruskischen Tempels errichet und zwar im Bereich der Rocca, des höchsten Punktes in Fiesole, wo auch der Bischof St. Alessandro begraben ist, nach dessen Namen dann die Kirche benannt wurde. Das kulturelle und religiöse Ansehen der fiesolanischen Kirche nahm auch unter dem Veskovat des St. Donato von Schottland erheblich zu. Die Invasion der Ungarn im Jahre 924 mit Zerstörungen, Brandstiftungen und der Zerstreuung des gesamten kirchlichen Besitzes bedeutete jedoch einen harten Rückschlag.

Zanobi II., gewählter Bischof von Fiesole fand bei seinem Amtsantritt die beiden Kirchen San Romolo und Sant'Alessandro fast vollkommen verlassen und ohne Priester vor. Mit Zähigheit und großem Einsatz begann der Bischof das Werk der Neuordnung. Er erhöhte die Zahl der Priester, gründete eine Gruppe von Kanonikern, denen er die Kirche Santa
Maria Primerana zum Geschenk machte als gemeinsamem Sitz mit Appannage und Güteranteilen der bischöflichen Mensa.

Im Jahre 1024 wurde Jakob der Bayer zum Bischof gewählt. Aus seiner Amtszeit gibt es zwei wichtige Dokumente: Am 27. Februar 1028 stellte er die Mittel zum Umbau der alten Kathedrale zu einer Badia nach dem Vorbild von Camaldoli zur Verfügung, und er selbst wurde zum ersten Abt gewählt. Das zweite Dokument erwähnt den Baubeginn der neuen Kathedrale von Fiesole auf der Piazza innerhalb des alten Mauerrings unter dem Schutz der Burg. Die Kirche wurde 1032 eingeweiht. An ihrer Seite entstand die neue « Canonica » (Sitz der Kanoniker), mit deren Bau das kirchliche Zentrum der Stadt komplettiert und das Leben der priesterlichen Gemeinschaft aktiviert wurde.

In die neue Kathedrale wurde der Leichnam des San Romolo überführt, der zum Schutzpatron der Stadt erklärt wurde und dessen Namen die neue Kirche erhielt. Durch all diese Impulse wurde Fiesole in dieser Zeit zu einem bedeutenden Mittelpunkt des kirchlich-geistigen Lebens und Ziel zahlreicher Mönche. Von hier aus nahmen Ideen zur Reform der kirchlichen Moral und Disziplin ihren Ausgang und verbreiteten sich durch das Werk der Jünger San Romualdus in der ganzen Toscana.

Das Wiedererstehen von Fiesole, und sei es bloß auf religiöser Ebene, mißfiel sehr dem in voller ökonomischer und demographischer Entwicklung stehenden Florenz, das sich bereits anschickte, seine künftige Stärke und Größe zu erproben. Im Sommer des Jahres 1123 entschied Florenz, die Rivalität mit Fiesole ein für alle Mal zu lösen, und der Kampf entzündete sich an einem nichtigen Anlaß: Ein florentinischer Händler wurde in Fiesole beraubt, und « aus Rache » stürmten die Florentiner den Monte Ceceri, um von hier aus in die Stadt vorzudringen, aber die Verteidiger, widerstanden, und der Winter unterbrach den Krieg. Im folgenden Sommer flammte die Auseinandersetzung umso heftiger auf. Die Florentiner bezogen Stellung auf dem Monte Magherini oberhalb von Borgunto und belagerten die Stadt.

Die Schlacht verlief günstig für die Fiesolaner, bis der Winter abermals die Waffen ruhen ließ. 1125 jedoch gelang es den von vier Seiten (Monte Ceceri, Monte Magherini, der Badia und Monte Rinaldi jenseits des Mugnone) angreifenden Florentinern, den Ausbruch der Fiesolaner zurückzudrängen, sie zu verfolgen und schließlich in die Stadt einzudringen (12. Dezember).

Sie zerstörten die Verteidigungsanlagen und zwangen Fiesole die Rolle als Vorort zu Florenz auf. Unangetastet blieb der Sitz des Bischofs, der die Insignien Fiesoles aufrechterhielt, wenn auch die Stadt selbst nunmehr einer zweitrangigen Rolle unterworfen war.

Es ist noch einmal der religiöse Geist, der wichtige Ereignisse notieren läßt: Im Jahre 1300 besiedeln Augustinermönche die am höchsten liegende Burg, die sie zu einem bescheidenen Kloster ausbauen. Wenig später werden die Augustiner von den Franziskanern abgelöst, die das Kloster dem Heiligen Franziskus widmeten. Der Bau wurde vergrößert und umgestaltet und gilt als ältestes Franziskanerkloster der Toskana.

Zu beginn des 15. Jahrhunderts wurde in halber Höhe des Hügels nahe der alten Badia das Kloster San Domenico gegründet, dessen Bedeutung in den großen Persönlichkeiten, die dort lebten, begründet ist: St. Antonius, Domenico Buonvicini und Beato Angelico.

Florenz billigte Fiesole die kommunale Selbstverwaltung zu, die nach florentinischem Vorbild gestaltet wurde. Es hatte folglich einen Bürgermeister, Gonfalonieri (hohe Magistrasbeamte) und Handwerksinnungen. Im 14. Jahrhundert wurde der Pretorenpalast erbaut,
mit dem die Säkularisierung der bis dahin in den Händen des Bischofs und der Pfarrgemeinden liegenden Verwaltung verdeutlicht wurde.

Die auf Pergament geschriebenen und aus dreißig Artikeln bestehenden Stadtstatuten wurden 1450 erlassen und werden heute im Staatsarchiv von Florenz aufbewahrt. Die Registration des Gemeinderegisters und der Amtshandlungen des Bürgermeisters begann im Jahre 1596. Der Bürgermeister blieb für ein Jahr im Amt und hatte in der Kirche Santa Maria Primerana den Eid auf die Wahrung der Stadtstatuten zu leisten. Repräsentiert wurde die Gemeinde durch die Gonfalonieri, die von den « Operai della Cattedrale e di Santa Maria Primerana » für ein Jahr gewählt wurden, sowie durch acht Räte mit einer Amtsdauer von sechs Monaten.

Die Wahlen fanden in den Pfarrämtern statt (einschließlich jener, die in florentinischem Amtsbereich lagen) und standen allein unter fiesolanischer Aufsicht. Die weitere Geschichte der Entwicklung Fiesoles scheint uns besser verständlich vor dem Hintergrung der geistig-kulturellen Strömungen und Wandlungen jener Zeit, die wir im folgenden kurz anreißen wollen.

In der Zeit zwischen 1300 und 1500 erfährt Rom vor allem durch das Papsttum einen enormen Machtzuwachs. Am römischen Hof ist man eifrig darum bemüht, auf die zeitgenössische Kultur Einfluß zu nehmen, indem man neue und klarere Synthesen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, zwischen dem Klassischen und dem Christentum zu rinden sucht.

Florenz scheint in dieser Hinsicht zunächst dem Einfluß Roms zu unterliegen, doch mit der enormen Expansion seiner wirtschaflischen Entwicklung ist eine intensive kulturelle Aktivität verbunden mit dem Resultat, daß Florenz auch auf kulturellen Gebiet größere Bedeutung erreicht als andere italienische Städte und zu neuen Beziehungen mit Rom kommt. Dante, die großen Poeten des « dolce stil novo », die Innovationen in der Skulptur, in der Malerei und in der Architektur gehen jenen Jahren voraus, in denen Florenz und das toskanische Volk die antike Epoche ihrer etruskische Vorfahren, deren Philosophie und Weisheit
wiederentdecken, die Jahrhunderte lang unbekannt geblieben waren.

Während noch wenige Jahre vorher allein die « Romanitä » triumphierte und Florenz nur als Tochter Roms galt, so beanspruchen die Toskaner jetzt, die rechten Erben und würdigen Nachfolger jener « uralten und berühmten Patria » zu sein, die sie « bis zu den Sternen preisen » .

Neben der Literatur der Klassiker Cicero, Livius, Plinius entwickelte sich eine profonde Kenntnis der toskanischen Kultur, die neue Beziehungen mit der Antike eröffnete. Zum ersten Mal wurden die etruskischen Grabdenkmale Gegenstand kultureller und literarischer Betrachtung und gaben Anlaß für die öffentliche Diskussion. Auch die Kunst nährte den etruskischen Mythos, und die Archäologie lieferte die notwendigen Beweiselemente. Nicht aus Zufall waren Donatello und Antonio del Pollaiolo in ihrer expressiven Sprachform zutiefst dem etruskischen Einfluß ergeben. Beide waren passionierte Anhänger einer humanistischen Archäologie wie auch später Piero di Cosimo und Andrea Sansovino.

In der Epoche der Medici erfährt der etruskische Mythos seit Cosimo dem Alten eine weitere Festigung: «Literatur, Kunst und Politik preisen das ruhmvolle etruskische Volk, und gleichzeitig beginnen nach Jahrhunderten der Vernachlässigung die ersten- Ausgrabungen der antiken Zeugnisse. Auf diese Weise werden die reichen Grabbeigaben, die von Plinius gelobten Statuen, die großen Grabmale mit Fresken und die Ebenbilder jener Götter ans Licht gebracht, die das toskanische Volk einst zu Ruhm gebracht haben ».

Mit Lorenz dem Prächtigen erhob sich Florenz in der Tat zu einer beherrschenden Macht in Italien, deren Stärke und Einfluß ihres Gleichen suchte. Lorenz führte sowohl nach innen als auch nach außen dieselbe Politik seines Vorgängers Cosimo des Alten fort, und es gelang ihm, die Hegemonie seiner Familie nicht nur in politischer, sondern auch in kultureller Hinsicht in ganz Italien auszudehnen. Er wußte auch vorzüglich, das besonders in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert allseits wachsende Interesse an der etruskischen Vergangenheit für seine Zwecke zu nutzen.

Das Florenz der Medici gab zahlreiche Impulse für die Weiterentwicklung von Fiesole wie z. B. die von Cosimo dem Alten veranlaßte Erweiterung der Badia Fiesolana, die Bereicherung der Kathedrale mit Skulpturen des Mino, unter denen das Grab und die Büste des Bischofs Leonardo Salutati waren sowie gegenüber eine Altarretabel aus Marmor mit drei Nischen, in denen sich die Jungfrau Maria, das Christuskind und Johannes befinden.

Im unteren Teil ist ein Wunder des San Remigio dargestellt. Fiesole entwickelt sich zur Zeit der Renaissance mit seinen Steinbrüchen zu einem Zentrum der Stein- und Bildhauerei. Der Skalpell ersetzt Bleistift und Pinsel und schöpft wunderbare Formen mit kräftigen Einschnitten und zarten Anrissen. Die Steinmetze der fiesolanischen Hügel haben bis in unsere Zeit ihr meisterhaftes Handwerk überliefert, das heute leider aber droht auszusterben, weil sich Nachfrage und Nachwuchs nicht mehr erneuern.

Im Jahre 1458 wird von Michelozzo für Cosimo den Alten die Villa Medici errichet, die unter Lorenz dem Prächtigen Sitz der literarischen und wissenschaftlichen Akademie wurde und wo Männer wie Pico della Mirandola, Poliziano, Marsilio Ficino, Cristoforo Landini und andere Berühmtheiten jener Epoche wohnten.

Früher noch wird eine andere berühmte Villa in der Nähe der Piazza San Domenico namens Schifanoia oder Palmieri erwähnt. Hier soll Boccaccio, während Florenz die Pest heimsuchte, zusammen mit anderen Erzählern des Decamerone seinen Wohnsitz gehabt haben. Im Zauber dieser fiesolanischen Villen sind die wichtigsten Namen der toskanischen Kultur versammelt: Man diskutiert und kreiert und was am bedeutendsten ist, man prägt Italien « mit der toskanischen Sprache oder besser mit der florentinischen, die als einzige für würdig gehalten wird, um zur Hofsprache, zur Sprache der Gelehrten und als offizielle italienische Sprache proklamiert zu werden. Sie verfügt über eine ungewönliche Feinheit und Geschmeidigkeit und ist in der Lage, besser als jede andere den weiten Bereich der menschlichen Gefühle auszudrücken ».

Mit den Medici hatte Florenz seiner Epoche das gegeben, was die Historiker « Ersten Humanismus » nennen. Er gründet sich auf den Aufstieg des Bürgertums, der freien Konstruktion des menschlichen Glücks auf Erden und der Praktizierung eines mondänen Lebens, das frei von jeglicher Askese ist. Diese Stimmungen kommen zum Ausdruck in der Malerei von Masaccio und Piero della Francesca und in der Literatur wie z. B. bei Poliziano, wo « man den ersten taufrischen Hauch dieser natürlichen Welt spürt, gekostet von einer Seele, deren Universum die von Teokrit und Virgil verherrlichten Villen auf den Hügeln von Fiesole waren ».

Der « Zweite Humanismus » erhebt demgegenüber das Streben nach der Transzendenz. Man kehrt zurück zu Plato und behauptet, daß alles menschliche und bürgerliche Wesen und Streben seine Begründung in einer rein religiösen Motivation finden. Diese Ideale durchdringen das Missionswerk und das Opfer des Mönches Girolamo Savonarola, während sich in den fiesolanischen Konventen Bestrebungen nach religiösen Reformen breitmachen, die wir später in den Programmen von Calvin und Luther wiederfinden. In allen Ländern und besonders in Italien erwächst ein tiefer Unmut, wenn auch mit wesentlichen Unterschieden zum Protestantismus, wegen der Verderbtheit eines undisziplinierten Klerus und wegen des Desinteresses der oberen Kirchenhierarchie, die Ausschweifungen und Pfründenhandel duldete, und die sich, gierig im Verlangen nach irdischen Vergnügen, Reichtum und Macht, nicht einmal durch die Beschlüsse des Konzils zu Trent zu Einhalt und Mäßigung veranlaßt sah.

Mit dem Ende der Herrschaft der Medici zerfiel Italien in Teilstaaten, die in offenem Krieg miteinander lagen. Das Bewußtsein für die nationale Einheit und Selbständigkeit war gleich null, und Florenz, dessen Macht langsam zerfiel, mußte tatenlos der ausländischen Invasion Italiens zusehen. Chabot beschreibt diesen Niedergang wie folgt: «Dekadenz der vitalen und moralischen Kräfte und Werke, die bereits einsetzt, bevor die katholische Gegenreform mit ihrem formalen Disziplinierungswerk kam, um durch die furchtbare Gewalt ihrer Unterdrückung den Prozeß der Dekadenz zu verschlimmern anstatt anzuhalten; Dekadenz der geistigen Kräfte, die Hand in Hand ging mit dem Zerfall des politischen Prestiges der alten Staaten Italiens und mit dem Niedergang der wirtschaftlichen Blüte der alten Städte, und die symbolisiert wurde durch die abnehmende Bedeutung des städtischen Lebens und der alten Ideale, die noch nicht durch neue von gleichem oder höherem Wert ersetzt worden waren ».

Für Fiesole bringt die Herrschaft der Großherzöge der Toskana keine nennenswerten neuen Impulse. Wir können nur erwähnen, daß man die Basilika von Sant'Alessandro zu einem Friedhof umbauen wollte, indem man die Schiffe zur Hälfte abdekte und den Fußboden freilegte. Doch diese Verstümmelung wurde durch den Protest der Bevölkerung unterbrochen, und der neue Friedhof wurde an dem Ort errichtet, an dem er sich heute noch befindet.

Neuerungen wurden indes unter der französischen Herrschaft verfügt. Der Bürgermeister übernahm das Amt des Gonfaloniere und wurde gleichzeitig Regierungsbeamter und Leiter der Gemeindeverwaltung. Das alte Amt des Podestä (Oberbürgermeister) wurde zum Amt des Friedensrichters, und die Gemeinde begann den Prozeß ihrer Neuordnung. Mit der Abspaltung der fiesolanischen Pfarrgemeinden S. Salvi, Varlungo, S. Michele und S. Andrea enstand die selbständige Gemeinde von Rovezzano. Außerdem wurde die Polizeiwache und der Landschutz installiert.

Nach der Restaurierung der Herrschaft Ferdinands III. wurden die französischen Einrichtungen abgeschafft und die Autorität der Amtsverwaltung wieder voll dem Podestä mit den Kanzleibeamten und den Gonfalonieri übertragen. Es wurde eine Gemeindevertretung mit vier Vorsitzenden und zwölf Räten gebildet, die durch Losentscheidt bestimmt wurden. Die Aufgaben dieser Gremien waren ähnlich wie die der heutigen Stadtregierung und des Stadtrats.

Mit der Proklamation des italienischen Reiches mit Florenz als Hauptstadt wurde ein Großteil des fiesolanischen Territorium nach Florenz eingemeindet. Damit wurde die Ausdehnung von Fiesole auf Grenzen zurückgeführt, die im Osten bis an den Ponte della Zalla, im Norden bis nach Olmo und im Westen fast bis Rifredi reichten.

Um 1873 veranlaßte die Kommune jene Ausgrabungsarbeiten, die das herrliche römische Theater, die Ruinen der Thermen und eines Tempels zu Tage brachten. Die wichtigen archäologischen Funde aus etruskischer und römischer Epoche führten zur Gründung des Stadtmuseums (Museo Civico). Seit der italienischen Republik hat die Kommune von Fiesole eine aus Rat, Magistrat und Bürgermeister bestehende Verwaltung. Im kirchlichen Verwaltungsbereich ist Fiesole eine Diözese, die in Anbetracht ihrer glorreichen Vergangenheit ihre Rechtsprechung auf ein weitaus größeres Gebiet als das der politischen Gemeinde ausdehnt.

Mit der Erwähnung der hauptsächlichen militärischen und politischen Ereignisse und ihrer gesellschaftlichen Rückwirkungen haben wir eine Synthese der Geschichte von Fiesole erstellen wollen, die nichts weiter als eine Hilfe sein soll, um das was wir besichtigen werden, Monumente, Kirchen, Klöster, archäologische Zeugnisse usw. in den historischen Zusammenhang des stürmischen Ablaufs vieler Jahrhunderte sinnvoll einzuordnen.

Viele Elemente für eine sehr viel eingehendere Untersuchung der Ereignisse, in denen Fiesole teils Hauptfigur, teils nur Nebenfigur war, fehlen heute noch. Die Geschichte gründet sich auf die Zeugnisse, die uns überliefert werden, und es drängt sich folgender Eindruck auf: Das Relief Fiesoles von seinen Ursprüngen bis in unsere Tage ist immer dasselbe geblieben, als ob Kriege, Besetzungen, Zerstörungen zwar tiefe Wunden zugefügt hätten, die jedoch immer wieder schnell heilten, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Und wir können auch nachprüfen, daß das etruskische Erbe an Gesetzen, Rechten, Sitten, Gebräuchen und Geistesut mit der römischen Epoche und auch später mit den Machtkämpfen im Mittelalter keineswegs verschwindet, sondern in der Bevölkerung erhalten bleibt und mit Anbruch unserer wundervollen Renaissance einen neuen Höhepunkt erfährt. In der Tat erscheint uns heute der sanfte halbmondförmige fiesolanische Hügel, der aus der Talebene des Arno aufsteigt, noch in demselben natürlichen Glanz, in dem er sich den Etruskern und den Römern präsentierte.

Jenes Grün der Zypressen und Oliven, jene alten, engen und steilen Gassen, jene zauberhaften Villen, umgeben vom Glanz ihrer ewig blühenden Gärten, jene mystische Ruhe, und jenes reine und gesunde Klima lassen auch heute noch Fiesole zu einem Ort in der Welt werden, an dem die Zerstörung vorbeigegangen ist und der all denen, die das Bedürfnis nach Ruhe fühlen, ehrliche und einfache Gastlichkeit entgegenbringt.

Die Landbewirtschaftung ist der wichtigste ökonomische Zweig geblieben, das Handwerk produziert Kleingegenstände, die wir heute noch auf den Marktständen in der Piazza finden. Ferner gibt es Handarbeiten der Stickerei und aus Stroh.

Den Geburtstag des Schutzpatrons der Stadt San Romolo feiert man am 6. Juli mit einem großen Volksfest und dem traditionellen Feuerwerk.

Das Römische Theater ist im Verlauf der Veranstaltung des « Estate Fiesolana » Ort vieler Schauspiele antiken und modernen Theaters. Zusammen mit den Musikveranstaltungen, die großes Prestige genießen und die im Kreuzgang der Badia stattfinden, werden die Schauspiele auch in den nahegelegenen Pfarrkirchen, auf Landgütern und in alten Burghöfen aufgeführt.

Diese Initiativen stellen in Italien das erste Experiment mit Wandervorfürungen dar. In den letzten vierzig Jahren hat sich in Fiesole eine neue Aktivität gebildet, die einherging mit der stürmischen Entwicklung der allgemeinen Motorisierung: Es handelt sich um den Tourismus, der ein wichtiger Bestandteil der fiesolanischen Wirtschaft geworden ist. An Fest- und Feiertagen kommen Hunderte von Besuchern nach Fiesole und auf seine Hügel.

Jeden Tag besuchen insbesondere Ausländer zu Bus oder mit dem Auto die Stadt, um vielleicht nur das Panorama zu genießen und einen kurzen Moment auf dem Piazzale di S. Francesco zu verweilen.

Das ist wahrhaft schade, weil Fiesole einen Aufenthalt von mindestens einem Tag verdient, wenn man seine Atmosphäre genießen und an der Kultur und Geschichte seiner historischen Stätten teilhaben will. Wir hoffen, mit diesem Beitrag Ihr Interesse geweckt zu haben und möchten Sie zu einem Besuch in Fiesole einladen.