Sehenswertes in Fiesole
DIE KIRCHE UND DAS KLOSTER VON SAN DOMENICO
Der Ausgangsprunkt unserer Reise kann nur San Domenico sein, eine der schönsten und vornehmsten Ansiedlungen von Fiesole mit reichen Villen, die von bedeutenden Persönlichkeiten bewohnt werden. Dem Touristen bietet sich hier die ganze Schönheit der fiesolanischen Landschaft. und er besucht die Kunstwerke in der gleichnamigen Kirche.
Die Kirche von San Domenico wurde zu Beginn des 15. Jh. am Fuße des fiesolanischen Hügels erbaut und stellt, mehr als ein architektonisches Meisterwerk, einen wahren Kunstschatz dar.
Sie besteht nur aus dem Mittelschiff und sechs Seitenkapellen und konnte dank der beträchtlichen Spende eines Bürgers namens Barnaba degli Agli erbaut werden. Nach dem Willen des Wohltäters sollte die Kirche den Namen San Barnaba tragen, was jedoch nicht erfolgte. Stattdessen wurde sie dem San Domenico geweiht. In der Folgezeit wurden verschiedene Anbauten errichtet wie der Glockenturm und die Torhalle (1611-1635). beides Werke von Matteo Nigetti.
Das Projekt der Empore und des Chors ist von Dosio (16. Jh.) [3]. Die reiche Ausstattung der Kirche ist vor allem auch dem Beitrag zahlreicher großer Familien zu verdanken, unter denen die Medici und die Gaddi herausragen.
San Domenico ist in erster Linie dafür bekannt, einige der Hauptwerke des Beato Angelico (1387- 1455) zu bewahren, der hier die Mönchskutte und den Namen Bruder Giovanni von Fiesole trug.
Eines seiner Werke, die Madonna und die Heiligen befindet sich in der ersten Kapelle zur Lincken; ein Kruzifix in Frescotechnik, finden wir im Kapitelsaal, in den auch eine Sinopie aus dem Kreuzgang, gebracht wurde, die die Madonna mit dem Kind darstellt.
Andere Werke von Beato Angelico sind in der Vergangenheit nach Florenz in das Museum von San Marco übergeleitet worden. Außer den Arbeiten dieses berühmten Künstlers verfügt die Kirche über Kunstwerke von Lorenzo di Credi (1456-1537), von dem wir die Taufe Christi in der zweiten Kapelle zur Rechten finden, von Giovanni Antonio Sogliani (1492- 1544), dessen Anbetung der Heiligen drei Könige sich in der zweiten Kapelle zur Linken befindet, desweiteren ein Kruzifix aus der Schule von Botticelli (zweite Hälfte des 15. Jh.) in der ersten Kapelle rechts und ein anderes Kruzifix aus Holz aus der florentinischen Schule derselben Epoche, das in der dritten Kapelle links aufbewahrt ist.
Das Kloster San Domenico wurde zusammen mit der Kirche errichtet, auch wenn es in der Folgezeit mehrere Aus- und Umbauten erfahren hat. Hier hielten sich außer dem Angelico berühmte Männer wie der Erzbischof Sant'Antonio von Florenz (1389-1459) und der Bruder Domenico Buonvicini auf, der zusammen mit Girolamo Savonarola 1498 auf der Piazza Signoria verbrannt wurde.
Nach der ersten Auflösung der religiösen Orden wurde der Konvent an die Herzöge Velluti abgetreten, die daraus eine Sommerfrische mit mehreren Appartements machten. Erst 1879 wurde das Kloster erneut an die Domenikaner von San Marco verkauft, allerdings ohne die Fresken, die entfernt und gesondert verkauft wurden.
DIE BADIA FIESOLANA
Die Badia Fiesolana gehört zu den Kirchen der Toskana, die über eine große und reiche Geschichte verfügen. Ihre Hauptfassade [7] ist wie alle antiken Kirchen nach Westen gerichtet und blickt genau auf die schöne Villa Salviati.
Die Badia war bis 1028 die alte Kathedrale von Fiesole, ehe der Bischof Jacob der Bayer die neue Kathedrale innerhalb des Mauerrings errichten ließ. Zuerst hieß sie San Pietro, dann San Romolo, und als Kathedrale war sie dem San Bartolommeo geweiht. Von den Benediktinermönchen ging sie an die Pulsanesermönche über, ehe sie um 1440 von den « Roccettini » genannten lateranensischen Kanonikern übernommen wurde, unter denen sie ihren höchsten Glanz erfuhr, den sie vor allem aber dem besonderen Interesse des Cosimo de' Medici und der Kunst von Brunelleschi verdankte. Jener entwarf eine Neukonstruktion der Kirche und beließ allein die Marmorfassade aus dem 11. Jahrhundert. Er errichtete eine Sakristei, weiträumige, elegante Kreuzgänge [10], ein Refektorium, das von Giovanni da San Giovanni mit Fresken ausgestattet wurde, den Trakt der Novizen und eine Bibliothek, in der Cosimo de" Medici eine außergewönhliche Sammlung von Rechtswerken und seltenen Literaturwerken anlegte.
Die Badia Fiesolana wurde der bevorzugte Ort der Begegnung aller zeitgenössischen Größen und Genien. Hier trug Giovanni de' Medici das Kardinalsgewand, bevor er als Papst Leo X. nach Rom berufen wurde. Später gründete der Abt Ubaldo Montelatici in den Räumen des Klosters die Akademie der Georgofili (1753), und Pater Francesco Inghirami richtete die sogenannte fiesolanische Poligrafie ein. In der Zwischenzeit wurde das Kloster aufgelöst (1778) und an das Domkapitel von Fiesole abgetreten. Die Kirche wurde geschlossen, die Bibliothek aufgelöst, und die Bücher und Schriften wurden in die Laurenziana gebracht. Teile der Räumlichkeiten wurden als Sommersitz vermietet.
Im Jahre 1876 schließlich wurde der gesamte Komplex der Badia an die Scolopi-Pater abgegeben, die hier ein Internat einrichten wollten und zu diesem Zweck die Badia restaurierten und erweiterten. In den knapp hundert Jahren seiner Geschichte hat das Studienkolleg die berühmtesten
Namen der italienischen Aristokratie zu Gast gehabt. 1973 ist das Internat aufgelöst worden, und die Badia Fiesolana, die noch immer die Scolopi-Pater beherbergt, wurde fast vollständig an die von den neun europäischen Mitgliedstaaten gegründete Europäische Universität vermietet. Die aus weißem und grünem Marmor bestehende romanische Fassade erinnert an jene von S. Miniato al Monte in Florenz. Im Inneren finden wir acht fein ausgestattete und für den Adel reservierte Kapellen. Im Querschiff sind sehenswert zwei aus hellem Stein gehauene Türwandungen des Fiesolaners Francesco di Simone Ferrucci (1463). Auch Michelozzo hat seinen Anteil an dem großen Kreuzgang und am Refektorium. In der Ojetti-Kapelle [8], die ihren Namen nach dem hier begrabenen Schriftsteller Ugo Ojetti erhalten hat, können wir außer der Grabplatte des Schriftstellers rechts eine Skulptur aus der Schule von Jacopo della Quercia (1374-1438) bewundern, die die Jungfrau mit dem Jesuskind darstellt. Über dem Altar befindet sich ein Tafelbild von Raffaello Botticini (1477-1520), eine Szene der Kreuzabnahme, auf dem wir die Jungfrau mit dem toten Jesus und die Heiligen Bernhard und Sebastian, Maria Magdalena und Nikodemus erkennen.
DIE VILLA MEDICI
Von San Domenico aus steigt die Straße sanft in Richtung Fiesole an, und hier treffen wir auf die schönsten Villen des Hügels. Etwas oberhalb des Regresse erhebt sich das ehemalige Franziskanerkloster San Michele a Doccia, das 1411 errichtet und durch eine Torhalle ergänzt wurde, die von Santi di Tito nach Plänen Michelangelos ausgeführt worden sein soll.
Heute ist San Michele eines der begehrtesten Luxushotels Italiens. Etwas
weiter oben, noch bevor man auf den großen Platz von Fiesole kommt, befindet sich der Eingang der Villa Medici.
Die Errichtung dieses Landsitzes am Hang des fiesolanischen Hügels geht auf Cosimo den Alten zurück, der 1458 das Grundstück erwarb und Michelozzo mit dem Entwurf beauftragte. In dieser Villa wurden die Versammlungen der Accademia Platonica abgehalten, die unter der Leitung von Lorenz dem Prächtigen viele der großen Genien jener Epoche hier zusammenkommen sah. Unter diesen ragen die Namen von Poliziano, Pico della Mirandola, Cristoforo Landini und später Benedetto Varchi hervor, der hier seine historische Enzyklopädie schrieb.
Der letzte Medici, der im Besitz der Villa war, war Cosimo III., Großherzog der Toskana bis 1671. Von da an hat die Villa mehrmals den Besitzer gewechselt, ohne daß ihre Schönheit jedoch Einbuße erlitten hat.
Auf der Gegenseite des Eingangs zur Villa erinnert ein kurzes Stück Mauer an die Existenz eines der vier Stadttore, namens « Porta Fiorentina » oder « Porta Volterrana ».
PIAZZA MINO
Endlich stößt die herrliche Panoramastraße, die den ganzen Hügel an seiner Südseite entlang ansteigt und die 1840 der Öffentlichkeit übergeben wurde, auf den zentralen Platz von Fiesole, der seit Anfang des letzten Jahrhunderts den Namen des berühmten Bildhauers Mino (15. Jh.) trägt.
Auf dem großen, weiträumigen Platz konzentrieren sich die Hauptaktivitäten der Gemeinde. In römischer Epoche befand sich hier das Forum, und wenn man sich die Mühe machte, hier systematische Ausgrabungen anzustellen, würden mit Sicherheit bedeutende archäologische Funde zu Tage treten. Es ist allerdings klar, daß ein deartiges Projekt enorme Spesen verschlingen würde, die seine Logik wiederum stark infrage stellen.
Entlang der Piazza Mino finden wir von links ausgehend das bischöfliche Seminar, Palazzo Vescovile (Bischofspalast), die Canonica (Sitz der Kanoniker) und die Kreuigänge, die Kathedrale, den Pala::o Municipale (Rathaus) und die Kirche Santa Maria Primerana. Außer diesen Gebäuden säumen den Platz einige Wohnhäuser und gastronomische Einrichtungen. An der rechten Begrenzungsseite des Platzes steht ein von Oreste Calzolari im Jahre 1906 geschaffenes Denkmal, das die Begegnung zwischen Viktor Emanuel II. und Giuseppe Garibaldi in Teano darstellt.
Ursprünglich enthielt das Denkmal außer den beiden Reiterstatuen aus Bronze auch einen Obelisk, der aber zerstört worden ist.
DIE ARCHÄOLOGISCHE ZONE
Verläßt man die Piazza Mino in Richtung der Kathedrale, stößt man sofort auf das weitläufige Gebiet der archäologischen Zone, die seit fast zwei Jahrhunderten eine wahrhafte Goldgrube antiker Funde etruskischer und römischer Herkunft ist. Viele Jahrhunderte hindurch blieben sie im Erdreich verborgen, obwohl der Volksmund wußte, daß genau hier die Spuren des antiken Fiesole zu finden waren. Im Mittelalter gab es eine nicht unbeträchtliche Zahl derer, die sich die Materialen der verfallenen antiken Bauten aneigneten, um für ihre eigenen Bauvorhaben zu verwenden.
So finden wir unter anderem auch in sakralen Bauten wie in der Basilika von Sant'Alessandro und in der Kathedrale Säulen. Kapitelle. Basen, Gewände und Bausteine jeglicher Art, die aus dieser Zone stammen. Auch aus dem nahen Florenz kamen die Räuber, um sich der wertvollen antiken Marmore und Steine zu bedienen, die unter anderem auch für die Erweiterung der Basilika von San Miniato al Monte eingesetzt wurden.
Das Römische Theater.
Die ersten systematischen Ausgrabungen in dieser Zone wurden 1792 von dem Architekten Giuseppe Del Rosso angestellt, in deren Verlauf ein Teil der Stufen des Tempels in der Nähe der Via di Riorbico zu Tage traten. Der Besucher, der zum ersten Mal die archäologische Zone betritt. wird jedoch weniger von den Überresten des Tempels als vielmehr von dem großartigen Römischen Theater beeindruckt sein.
Es wurde im ersten Jahrhundert v. Chr. erbaut und gilt daher als eines der ältesten dieser Art. Es liegt auf der Nordseite des Hügels mit dem Blick auf das Tal des Mugnone. Im Jahre 1809 wurde es durch die Initiative des deutschen Barons Friedrich von Schellersheim freigelegt. Doch mit den Ausgrabungen begann auch wieder die Aktivität der Steinräuber, so daß entschieden wurde, die ganze Anlage erneut mit Erdreich zu bedecken.
Erst 1873 wurden die Grabungen wieder aufgenommen und bis zur Freilegung des Theaters geführt. Der aktuelle Zustand ist nicht ganz der originale; denn ein guter Teil der linken Sitzreihenfolge ist in diesem Jahrhundert rekonstruiert worden. Das dem griechischen Theater ähnliche Halbrund ist in die natürliche Neigung des Hangs eingefügt und hat einen Durchmesser von 34 Metern.
Die unteren, nahe an der Szene befindlichen Sitzreihen, waren für die gesellschaftlichen Autoritäten reserviert und folgten einer anderen Anordnung als die dem gemeinen Publikum zugänglichen oberen Stufen. Das Fassungsvermögen des Theaters betrug in etwa 2500 Personen. Nach den Stützmauern sowie den auf den Grundmauern zu erkennenden Gewölbespuren zu schließen, muß auch eine dritte Platzanordnung existiert haben, die auf einem aus gemauerten Stützpfeilern bestehenden Umgang ruhte.
Die Bühne hat eine Frontlänge von 33,80 m und eine Breite von 6,40 m. Das Römische Theater von Fiesole bietet in jedem Sommer ein reichhaltiges Angebot kultureller Veranstaltungen, die immer wieder das rege Interesse des in- und ausländischen Publikums hervorrufen.
Es darf sich außerdem rühmen, das erste antike Theater in Italien gewesen zu sein, das im Jahre 1911 mit dem König Ödipus von Sophokles die Theateraufführungen im Freien wiederaufgenommen hat.
Am Theater vorbei gelangen wir zu dem eindrucksvollen Komplex der Thermen, die wahrscheinlich zur Zeit Sullas errichtet wurden und von denen noch zahlreiche Überreste erhalten sind, die nach 1871 entdeckt wurden. Linkerhand treffen sich zwei große Becken, die aller Wahrscheinlichkeit nach zum Schwimmen dienten.
Hinter dem engen Umkleideraum lassen sich die in gutem Zustand erhaltenen Reste des Kalidarium (Warmwasserbad), des Tepidarium (Lauwarmes Wasser-öder- Luftbad), des Frigidarium (Kaltwasserbad) sowie der Brennöfen erkennen, die das über den Aquädukt von Montereggi hergeleitete Wasser erhitzten.
Der Raum für die warmen Bäder hatte eine in eine Nische eingebaute halbrundförmige Wanne und die charakteristische Anhebung des Fußbodens. Der Fußboden ruht auf kleinen, oktagonalen Pilastern, zwischen denen jeweils ein Abstand von 43 cm herrscht und die, durch entsprechende Tontafeln verbunden, eine geschlossene Ebene bilden. Zwei außen errichtete runde Brennöfen sorgten für die Erwärmung des Wassers auf verschiedene Temperaturen, heiß oder lau.
In der Wand zwischen den Brennöfen sehen wir eine bogenförmige Öffnung mit einem Gitter nach etruskischer Art, durch die die erwärmte Luft in das Kalidarium geleitet wurde. Daneben sind die Reste des Tepidariums erhalten, in dem die Luft nur geringfügig angewärmt war. Hier verweilte man einen Augenblick, bevor man ins Freie hinaustrat.
Vom Tepidarium aus ging man in das Frigidarium, den geräumigsten Saal der Thermen, der durch ein großes Schwimmbecken mit drei Rundbögen geteilt wird. Diese früher sicher mit Marmorplatten verblendeten Bögen erreichen eine Höhe von knapp vier Metern und ruhen auf viereckigen Pilastern.
In der Nähe befindet sich eine kleine Terrasse, von der man in das Tal des Mugnone blickt. Diese Terrasse scheint auch der Ausgangspunkt für die unter der Leitung des Professors Domenico Macciö durchgeführten Ausgrabungsarbeiten gewesen zu sein, die den ganzen Komplex der Thermen freilegten.
Folgt man dem kleinen Weg, der entlang der großen Stadtmauer verläuft, kommt man zum Tempel. Die Reste, die heute zu sehen sind, sind das Ergebnis zahlreicher Grabungen, die 1792 begonnen wurden, dann für ca. 100 Jahre unterbrochen wurden und die jetzt, d. h. um 1960, vorläufig abgeschlossen worden sind. Die Überreste gehören zu zwei Tempeln verschiedener Epochen.
Der untere ist etruskisch und wurde etwa im 3. Jahrhundert v. Chr. auf Felsgrund errichtet. Der andere ist römischer Herkunft und stammt aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Auch wenn der römische Tempel größer ist als der etruskische, so haben beide jedoch im Prinzip denselben Grundriß, einen Zentralraum mit zwei Seitenflügeln.
Sowohl der eine als auch der andere Tempel waren in zwei Bereiche unterteilt, die pars antica und die pars postica. Wir wissen nicht, welchen Göttern der Tempel geweiht war, man vermutet jedoch dem Bachus. Vor dem Tempel befinden sich zwei Opfertische, einer aus dem 3. Jahrhundert, der andere aus dem 1. Jahrhundert.
Beide lagen im Erdreich in der Nähe des Tempels verborgen. Um die Erforschung des etruskischen Tempels zu ermöglichen, mußte der im 6. bis 7. Jahrhundert n. Chr. inmitten der Ruinen des römischen Tempels angelegte Friedhof der Barbaren entfernt werden. Man möchte denken, daß diese Begräbnisstätte, die nach jenen von Nocera Umbra und Castel Trosino eine der umfangreichsten und bedeutendsten dieser Art ist, in Folge der Umwandlung des heidnischen Heiligtums in eine christliche Kirche irgendwann in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung entstanden ist.
Linkerhand können wir noch einige Beispiele der Gräber der Barbaren [20] aus dem 6. und 7. Jahrhundert n. Chr. besichtigen. Etwas weiter oben sind die zuletzt entdeckten Funde zu sehen, das Teilstück einer römischen Abwasseranlage . Auf dem Rückweg in Richtung des Eingangs trifft man auf ein Stück gepflasterter Straße, das vermutlich zu Via Cassia gehörte, sowie auf weitere drei Beispiele römischer Säulen mit korinthischen Kapitellen, die wahrscheinlich Teile der Theateranlage waren.
DAS STADTMUSEUM
(Museo Civico)
Inmitten des ersten Saales thront eine aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. stammende etruskische Stele (aufrecht stehende Grabplatte) aus hellem Stein, die Szenen eines Totenmahls und eines Totentanzes zeigt. Gemeinsam mit der im Archäologischen Museum von Florenz stehenden Stele des Larthi Aninies ist dieser Grabstein einer der ältesten und bedeutendsten Funde von Fiesole.
Ein wunderschönes Urnengrab aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. befindet sich an der rechten Wand. Die Deckplatte aus Alabaster stellt das Ebenbild des Verstorbenen dar. Interessant ist auch eine Reihe von Bronzefiguren, die vom Altar des etruskischen Tempels stammen und von denen einige 1931 in der ehemaligen Villa der Marchi entdeckt wurden.
Der zweite Saal enthält fast ausschließlich kleinere Objekte, die nicht nur aus Fiesole sondern auch aus anderen Teilen der Toskana stammen. Wir finden Vasen nach sogenannter italischer Verarbeitung, die im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. entstanden sind. Sehr viel wertvoller noch sind jene als Buccheri bekannten grauen und schwarzen Keramiken aus dem darauffolgenden Jahrhundert.
In den zahlreichen Vitrinen sind antike Gegenstände verschiedenster Art aufbewahrt, die wir hier nicht im einzelnen nennen können. Erwähnt werden sollte jedoch noch eine weitere Serie von etruskischen Bronzefiguren aus dem 5. Jahrhundert, die in der Vergangenheit einmal Gegenstand eines klamorosen Diebstahls waren. Zum Glück sind sie wenig später wiedergefunden worden. Interessant ist auch eine große cista plumbea (Bleigefäß) die im 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr. als Urne diente.
In der Mitte des dritten Saales steht das große Fragment einer Bronzewölfin [25] aus dem l. Jahrhundert v. Chr., das 1882 nicht weit von den Ruinen eines als Campidoglio bezeichneten römischen Gebäudes gefunden wurde. Links eine Reihe von Marmorbüsten, unter denen wir jene des Imperators Claudius [28] in Priestergewand finden. Der Kopf muß wohl Teil einer im Theater aufgestellten Statue gewesen sein. Bemerkenswert ist auch ein Grabrelief mit den Büsten von drei Familienangehörigen aus dem l. Jahrhundert v. Chr.
An der Stirnwand entdecken wir drei Torsos von Marmorstatuen. Die größte stellt Dionisos dar und ist eine römische Kopie eines Originals aus dem 4. bis 3. Jahrhundert v. Chr. Erwähnenswert ist auch die Kopfplatte eines römischen Sarkophages, auf der wir eine von Zentauren gezogene Biga erkennen, der voran zwei Mänaden schreiten, die eine mit einem Thyrsos und die andere mit einem Tympanum.
Unter den Arkaden des Hauptportals finden wir das Fragment eines etruskischen Grabsteins mit Inschrift aus dem 4. bis 3. Jahrhundert v. Chr., außerdem eine zusammengesetzte große lateinische Inschrift, die auf einige Tempelrestaurierungen anspielt. Bevor wir aus der archäologischen Zone hinausgehen, treffen wir noch auf eine etruskische Grabkammer mit einer bemerkenswerten Eingangstür aus dem 3. bis 2. Jahrhundert v. Chr. und auf ein weiteres Grabmal barbarischer
Herkunft.
DIE STADTMAUER
Im 3. Jahrhundert v. Chr. hatte der Mauergürtel einen Umfang von zweieinhalb Kilometern. Wie wir schon gesehen haben und auch weiter sehen werden, sind noch an anderen Punkten rings um den Hügel kurze Mauerabschnitte stehengeblieben. Am besten erhalten jedoch ist ohne Zweifel der Teil, der die archäologische Zone umgibt. Hier ungefähr muß auch das zweite Stadttor, die « Porta Felsinea » oder «Porta Bolognese», seinen Standort gehabt haben.
MUSEO BANDINI
Seitlich neben dem Eintritt in die archäologische Zone befindet sich in einem 1913 eigens errichteten Gebäude das Museum Bandini, das einen Großteil der früher in der Kirche Sant'Ansano aufbewahrten Kunstwerke beherbergt. Initiator des Museums war der kunstpassionierte Kanoniker Angelo Maria Bandini.
Als das Museum eingerichtet wurde, kamen zu diesen Werken noch viele andere dazu, die von der Hofgalerie und anderen religiösen, fiesolanischen Instituten unter dem Titel « Aufbewahrung » oder « Leihgabe » auf Zeit abgegeben wurden. Im Laufe der Zeit sind viele dieser Werke zurückgegeben worden, weswegen jetzt nur ein Teil der ehemals reichen und bedeutenden Sammlung erhalten geblieben ist.
Es sind drei Säle zu besichtigen. Der eine im Erdgeschoß ist der Bildhauerei vorbehalten, während in den beiden Sälen im Obergeschoß die Gamälde und andere Kunstgegenstände zu sehen sind.
Links des Eingangs gibt es eine kleine Treppe die zur Chorkapelle der Kathedrale führt, die jedoch im allgemeinen geschlossen bleibt. Im ersten Saal dominieren die Meisterwerke florentinischer Schule, insbesondere die wertwollen robbianischen Arbeiten. Vor allem ein glasiertes Rundrelief aus Keramik von Andrea della Robbia (1435-1525) zieht die Aufmerksamkeit auf sich.
Es stellt die Madonna in Anbetung des Jesuskindes [38] dar. Rechts und links der Jungfrau sehen wir zwei Engel mit betenden Händen, wärend rund um die Szene ein Kranz mit zehn Cherubinenköpfen gespannt ist. Die Figuren auf blauem Grund sind weiß mit leichten Goldtönungen in den Haaren, den Flügeln und in den Kleidern.
Sehr schön ist auch ein weiteres glasiertes Rundrelief aus der Schule von Luca della Robbia (vielleicht auch von ihm selbst), das den Sant'Ansano darstellt. Die Dekoration außen ist in Form einer Girlande mit mehrfarbigen eingeflochtenen Früchten gearbeitet. Aus der robbianischen Schule (vielleicht von Giovanni della Robbia) ist auch die Visitation, eine Lunette, die die Begegnung zwischen der heiligen Jungfrau und der heiligen Elisabeth zeigt und die mit aller Sichrheit zwischen 1520 und 1530 entstanden ist.
Ein weiteres Bildhauerwerk von unschätzbarem Wert ist die aus Alabaster gefertigte Madonna der Treue mit dem Jesuskind, eine Arbeit von Nicola Pisano.
Im Obergeschoß befinden sich, wie bereits gesagt, die Gemälde, vor allem Tafelbilder der florentinischen und sienesischen Schule aus dem 14. bis 16. Jahrhundert. Im ersten Saal sehen wir unter anderem Tafelbilder von Bicci di Lorenzo, die als Thema die Himmelshierarchie und die Lobpreisung eines reuigen Gläubigen und seine Einberufung in den camaldolesischen Orden haben, desweiteren eine Kopie der Madonna mit dem Kind von Beato Angelico (15. Jh.) und die Verkündigung von dem sienesischen Künstler Niccolö Buonaccorso (14. Jh.).
Zwei wertvolle Stücke, die Madomma mit dem Jesuskind von Andrea di Rica da Candia und eine weitere Madonna [36] aus der Schule von Botticelli. befinden sich augenblicklich in Restaurierung und sind nicht zu besichtigen.
In der Mitte des zweiten Saales steht ein herrliches Exemplar einer antiken Sänfte [35] aus dem 16. Jahrhundert mit gemaltem Ornament nach florentiner Art. Unter den Gemälden finden wir die Triumphe von Jacopo del Sellaio (1443-1493). eine Kreuzigung Jesu von Nardo di Cione, eine Madonna mit Jesuskind von Filippino Lippi und ein großes Triptychon von Bicci di Lorenzo. das in der Mitte die Heilige Jungfrau mit dem Jesuskind und vier Engeln darstellt, die an den Seiten von je zwei Heiligen, Niccolö von Bari und Antonio von Padova sowie Ludovico von Tolosa und Franz von Assisi, flankiert werden. Leider befindet sich auch diese Tafel zur Zeit in Restaurierung.
DIE KATHEDRALE
Innenraum der Kathedrale.
So wie wir die charakteristischen Besonderheiten der Basilika von San Miniato al Monte über Florenz in der Fassade der Badia Fiesqlana wiederfinden, so läßt sich eine erstaunliche Ähnlichkeit des Innerraumes festellen, wenn wir die fiesolanische Kathedrale betreten und mit San Miniato vergleichen. Das Bauwerk, das mit seinem Volumen dem zentralen Platz eine gewichtige Prägung verleiht, wurde 1028 fertiggestellt und geht auf die Initiative des Bischofs Jacob des Bayern zurück, der die Hauptkirche innerhalb des Mauerrings haben wollte (die ältere Badia lag in der Tat außerhalb).
Zum Teil wurden beim Bau die Reste der antiken Bauwerke etruskisch-römischer Herkunft verwendet, die halb verfallen ganz in der Nähe vorhanden waren. Die Größe und Schlichtheit ihrer Konstruktion romanischen Stils machen sie zu einem der schönsten Beispiele in der Toskana. Ihr ursprünglicher Charakter wurde wor allem durch die Restaurierung im 19. Jahrhundert wiederhergestellt, bei der alle Zutaten späterer Epochen, vor allem des Barocks, größtenteils wieder entfernt wurden.
Im 13. Jahrhundert erhielt die Kathedrale ihren schönen Glockenturm mit einer Höhe von 44 Metern, während die heutige Fassade aus der Zeit des Bischofs Sant'Andrea Corsini (Mitte 14. Jahrhundert) stammt. Zu bemerken ist außerdem, daß man früher beim Betreten der Kirche einige Stufen anstieg, während man heute hinabsteigt. Die Ursache dafür ist, daß das Niveau des Platzes vor der Kirche im Verlauf der Jahrhunderte durch die von dem Hügel San Francesco heruntergespülte Erde kontinuierlich angestiegen ist.
Die dreischiffige Kathedrale ruht auf sechzehn verschiedenen Säulen und hat ein über der Krypta erhöhtes Presbyterium. In der Krypta sind die Kleider des Märtyrers und ersten Bischofs von Fiesole San Romolo aufbewahrt, dem die Kathedrale geweiht ist. Eine Statue des Heiligen ist innen direkt über dem Eingansportal aufgestellt.
Es handelt sich um eine aus Tonerde gebrannte und mehrfarbig glasierte Arbeit, die aus der Werkstatt des Giovanni della Robbia (1521) stammt. An der linken Wandseite finden wir ein Medaglion aus Porphyr mit dem Selbstbildnis des Francesco del Tadda und auf dem Schaft der beiden Säulen vor dem Presbyterium je ein Bildnis von San Sebastiano aus der Schule des Perugino (rechts) sowie eines heiligen Mönches aus dem 15. Jahrhundert (links). Sehr schön ist die an einer der rechten Säulen errichtete Steinkanzel, die mit ziemlicher Sicherheit noch ins 15. Jahrhundert gehört.
Auf dem Altarvorsatz in feiner Marmorinkrustation, der sich früher in der Badia Fiesolana befand, ist das Datum 1273 eingraviert. Die kostbarsten Werke finden wir jedoch auf dem Hochaltar oder Presbyterium, das wird rechts und links über zwei breite und bequeme Treppenläufe erreichen. So wie die Kirche von San Domenico aufgrund der Werke des Beato Angelico bekannt ist, so darf sich die Kathedrale des Bildhauers Mino da Fiesole (1430-1484) rühmen.
Auch wenn er fast sicher in Poppi im Casentino geboren ist, so lebte Mino doch lange Zeit in Fiesole, wo er studierte und arbeitete und wo er auf diese Weise einige Beispiele seiner bewundernswerten Kunst hinterließ. In der Salutati-Kapelle (der ersten rechts) können wir ein herrliches Altarretabel bewundern, auf dem die Jungfrau mit dem Kind, der Täufer, sowie links bzw. rechts San Leonardo und San Remigio und hochoben der Kopf Jesu dargestellt sind.
Gegenüber des Retabels befinden sich das Grab und die Büste des Bischofs Salutati, eine Arbeit von äußerster künstlerischer Feinheit und Sensibilität. Außer den Werken des Mino enthält die Kapelle Fresken von Cosimo Rosselli (1439-1507).
Über dem Hochaltar thront ein herrliches in Tempera auf Goldgrund gemaltes Triptychon [47] von Bicci di Lorenzo (1347-1542), während in der Halbkuppel der Apsis das Leben des San Romolo in einer Serie von Fresken geschildert wird, die dem fiesolanischen Künstler Nicodemo Ferrucci (1574- 1650) zugeschrieben werden. Florentinischer Schule sind auch die anderen Tafelbilder, die sich über den beiden kleineren Altaren des Presbyteriums befinden. Beide haben die Krönung der Jungfrau zum Thema; das eine ist von Cosimo Rosselli (1450) und das andere von Giovanni del Biondo.
Auf der linken Seite hängt ein großes Gemälde auf Leinwand von Baccio Maria Bacci (1888- 1974), das Sant'Andrea Corsini, einen Bischof von Fiesole, darstellt. In der Chorkapelle steht ein weiteres kostbares Altarretabel [46] aus Marmor von Andrea Ferrucci (1465-1526), das zu beiden Seiten des Ziboriums die Skulpturen der Heiligen Matteo und Romolo darstellt. Dieses Kunstwerk befand sich ursprünglich unten vor der
Krypta.
Die Ausstattung der Krypta enthält ein bemerkenswertes Taufbecken, das von Francesco Ferrucci, genannt Tadda (1497-1585), aus einem einzigen Granitblock angefertigt wurde, ebenso wie zwei Sarkophage, links jenen des San Romolo und rechts jenen der fiesolanischen Märtyrer. Außerdem findem wir Reste einiger Fresken aus dem 15. Jahrhundert. Seitlich an die Kathedrale schließt sich die Kanonika (Wohnhaus der Domherrn) an, die 1032 errichtet und 1439 renoviert und umgestaltet wurde und die heute Gegenstand erneuter Restaurierungsarbeiten ist.
Sie blickt auf einen kleinen Kreuzgang, in dessen Mitte eine antike Marmorsäule (vermutlich Überrest eines römischen Bauwerkes) steht, auf die ein Kreuz aufgebracht ist und die früher auf der Piazza Mino aufgestellt war. Der Kreuzgang ist kürzlich, nach Jahren der Verwahrlosung, von der staatlichen Denkmalpflege restauriert worden.
DER PALAZZO VESCOVILE
(Bischofspalast)
Gegenüber des Eingangs der Kathedrale befindet sich der Palazzo Vescovile (Bischofspalast) [48], dessen Konstruktion mit großer Wahrscheinlichkeit aus dem 11. Jahrhundert ist, d.h. aus demselben Zeitalter wie die Kathedrale.
Man muß jedoch bis in die Zeit des Bischofs Neri Altoviti vordringen (erste Hälfte des 17. Jahrhunderts), um das Gebäude in seiner heutigen Erscheinung zu erkennen. Unter den dort aufbewahrten Kunstwerken wollen wir ein Fresko aus der Schule des Botticelli (in der Bischofskapelle) hervorheben, ebenso wie die Krönung der Madonna von Bicci di Lorenzo (in dem Oratorium von San Giacomo Maggiore).
DAS SEMINAR
Mehr als fünf Jahrhunderte alt ist das Seminar, das im Laufe dieser Zeit mehrere Male vergrößert und erneuert wurde. Seit einigen Jahren werden Teile seiner Räumlichkeiten als Schule genutzt, weil die Zahl der bischöflichen Seminaristen zu gering geworden ist.
Häufig werden in den Sälen Kunstausstellungen und Konferenzen veranstaltet. Sehenswert ist ein in der Kapelle aufbewahrtes Altarretabel aus gebrannter Erde und nach robbianischer Art glasiert. Die dargestellten Figuren sind die Madonna mit dem Kind, San Pietro, San Donato von Schottland, Johannes der Täufer und San Romolo.
Um den Palast des Bischofs und das Seminar zu besichtigen, ist die Einwilligung der kirchlichen Autorität einzuholen.
DER PALAZZO COMUNALE
(Gemeindehaus)
Der im 14. und 15. Jahrhundert erbaute Palazzo Comunale hat im Laufe der Zeit verschiedene Veränderungen erfahren. Die letzte erfolgte vor 50 Jahren und führte zur Öffnung der herrlichen Loggia, die vorher das Stadtmuseum beherbergte, das nunmehr in die archäologische Zone verlegt wurde. Die Fassade wird von zahlreichen Wappen der Bürgermeister und Amtsrichter geschmückt. Das älteste stammt aus dem Jahre 1520.
SANTA MARIA PRIMERANA
Die Kirche von Santa Maria Primerana scheint älter als das Jahr 1000 zu sein und muß zur selben Zeit enstanden sein wie die alte Kathedrale außerhalb der Stadtmauer. Die einschiffige Kirche ist mehrere Male verändert worden und enthielt kostbarste Kunstwerke, von denen heute nicht mehr als ein großes Kruzifix aus dem 14. Jahrhundert an der Wand rechts sowie ein Basreliefaus Marmor, das ein Selbstbildnis von Francesco
da Sangallo darstellt (1494-1576), erhalten geblieben ist.
Außerdem finden sich Reste von Fresken aus dem 14. Jahrhundert im Presbyterium. Weitere Werke sind ein Basrelief aus Marmor mit dem Bildnis des Francesco Del Fede. dessen Autor jedoch unbekannt ist. sowie ein Altarretabel robbianischer Schule aus dem 16. Jh.
DER HÜGEL VON SAN FRANCESCO
Blickt man vom Kampanile der Kathedrale, so erscheint über den roten Dächern der Kirche, des Seminars und des Palazzo Vescovile das Grün des Hügels von San Francesco , das oberhalb zur Gartenanlage der Mönche und unterhalb zur öffentlichen Parkanlage gehört. Links erkennt man den Park der Rimembranza (Gedächtnispark), einige private Gebäude und die hintere Fassade der Basilika von Sant'Alessandro, auf die wir noch zu sprechen kommen. In der Antike stand hier die etruskische Burg, die das äußerste Verteidigungsbollwerk der Stadt war.
Hier sollen die Haruspices, die etruskischen Wahrsager, ihren Sitz gehabt haben, denen die Fähigkeit nachgesagt war, besondere geheimnisvolle Bücher lesen zu können. Ihre Aufgabe war es den Flug der Blitze zu interpretieren, die auf die Erde trafen. Zum höchsten Punkt des Hügels (345 m) führt eine schmale, steile Gasse, die den Namen Erta di San Francesco trägt.
Durch die kürzliche Erneuerung des Pflasters hat ihre eigentümliche Charakteristik leider etwas an Einbuße erlitten. Um dem Besucher einen ruhigen ungestörten Wandel zu ermöglichen, wurde sie vor einigen Jahren für den Verkehr gesperrt. Dem ältesten Touristen mag der ca. 400 m lange Anstieg vielleicht mißfallen, aber ist man erst einmal oben angekommen, so findet man für seine Mühe reichliche Entschädigung durch die Schönheit der Landschaft und ihrer Monumente.
Auf halber Strecke sind zwei Grünanlagen, die öffentlichen Gärten und der Park der Rimembranza [54], wo wir uns eine Weile erholen können. Vom letzteren hat man eine gute Aussicht auf Florenz. Der vor zehn Jahren nicht zuletzt dank des Einflusses des Architekten Giovanni Michelucci wieder in Ordnung gebrachte Park enthält zwei Gedächtnismonumente. Das erste erinnert an die im l. Weltkrieg gefallenen fiesolanischen Bürger, währen das zweite zum Gedenken an das Opfer der drei von den Nazifaschisten 1944 erschossenen Carabinieri ermahnt. Das 1964 errichtete Denkmal des Carabiniere [55] ist ein Werk des florentinischen Bildhauers Marcello Guasti. Es stellt eine Zange dar, die im Begriff ist, drei menschliche Leben zu erdrücken.
Der Anstieg endet schließlich auf einem weiten offenen Piazale, der den Besucher zum Ausruhen einlädt und von dem aus man das unvergleichliche Panorama von Florenz in aller Ruhe genießen kann. Im Sommer gibt es hier einige Stände, die dem Besucher lokales Kunsthandwerk und Souvenirs anbieten.
DIE BASILIKA VON SANT'ALESSANDRO
In der Eile, rasch die Kirche von San Francesco zu erreichen, vernachlässigt der Besucher sehr häufig ein großes Bauwerk am Rande des Piazzale, genau dort, wo die Stufen der zu den Franziskanern führenden Treppe beginnen. Auch wenn das Äußere dieses Bauwerks von keiner besonderen Schönheit ist, so umschließt es jedoch einen der schönsten architektonischen Innenräume.
Es ist die Basilika von Sant'Alessandro , die zu den ersten, um das 6. Jahrhundert herum, d. h. zur Zeit des Gotenkönigs Theoderichs, in der Toskana entstandenen Basiliken gehört, wenn es sich nicht sogar um die allererste handelt. Die Historiker berichten unter anderem, daß an diesem Ort ein heidnischer Tempel gestanden haben muß, der dem Schuptzpatron der Stadt, dem Bachus, geweiht war.
Mit dem Tempel verbunden scheint das Priesterkollegium der Auguren oder Haruspices gewesen zu sein, während im Unterbau zwei große etruskische Zisternen existierten, in denen Votivspenden und andere religiöse Gegenstände aufbewahrt wurden.
Als die Basilika enstand, trug sie zuerst den Namen San Pietro in Gerusalemme, und erst nach dem Martyrium des Bischofs Alessandro von Fiesole im Jahre 589 erhielt sie dessen Namen. Das Bauwerk gliedert sich in drei Schiffe , von denen das Mittelschiff 8 Meter breit, 25 Meter lang und 11 Meter hoch ist.
Die Seitenschiffe haben eine Breite von 4 Metern. Die kostbarsten Teile der Konstruktion bestehen in den beiden Säulenreihen aus Marmor von der griechischen Insel Euböa, der im Volksmund orientalischer Cipollin (Zwiebelmarmor) heißt. Die Säulen tragen wunderschöne ionische Kapitelle mit Kämpferplatte über den Voluten. Man ist nicht sicher, woher diese Säulen gekommen sind; ob sie von einem Bauwerk des antiken Fiesole stammen oder ob sie eigens aus Griechenland importiert worden sind.
Im Verlauf der Jahrhunderte hat die Kirche zahlreiche Veränderungen erfahren. Es scheint, daß einmal auch der Haupteingang von der einen auf die andere Seite verlegt worden ist. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde sogar das Dach abgedeckt und die Basilika zum Friedhof degradiert.
Der schöne glänzende Steinfußboden wurde entfernt und teilweise in der Kathedrale verlegt, ebenso wie die Heiligtümer und das Grab des Heiligen. 1814 erfolgte schließlich eine umfassende Renovierung, die jedoch von der ursprünglichen Charakteristik wenig übrig ließ.
In diesem Zustand blieb die Basilika bis Mitte unseres Jahrhunderts, als nach einer Phase erneuter Vernachlässigung das Denkmalpflegeamt von Florenz unter der sorgfältigen Leitung des Architekten Guido Morozzi die Erhaltung und Restaurierung übernahm.
Von außen präsentiert sich das Gebäude im Gewand des 19. Jahrhunderts, und nichts erinnert mehr an die originale Erscheinung. An der rechten äußeren Wandseite sind mehrere Marmortafeln angebracht, die sich früher im Innern der Kirche befanden und die sich auf Bischöfe, und adlige fiesolanische Familien beziehen.
Im Innern, hinter dem Altar, sind in einer Urne die sterblichen Reste des Sant'Alessandro eingemauert. Von der Sakristei aus steigt man in einen tiefer gelegenen Raum hinab, wo wir die Teilstücke zweier verschiedener Apsiden sehen können, die offensichtlich zu früheren Konstruktionen gehören.
Über eine andere Metalltreppe auf der rechten Seite der Kirche erreichen wir einen kleinen Raum, wo noch Reste antiker Wandmalereien erhalten geblieben sind. In dem Saal der Compagnia , der Jahrzehnte lang Sitz der Misericordia war, schmücken Fresken aus dem 16. Jahrhundert die beiden Längswände.
Neben der religiösen Aktivität ist die Basilika von Sant'Alessandro auch für Initiativen künstlerischer und kultureller Art offen, die von einem entsprechenden Komitee geleitet werden.
DIE KIRCHE UND DAS KLOSTER VON SAN FRANCESCO
Bereits in den ersten Jahren des 3. Jahrhunderts existierte auf der alten etruskischen Burg eine kleine private Kapelle. Als diese den Ansprüchen nicht mehr genügte, errichtete man dank der Unterstützung eines Wohltäters am selben Ort ein größeres Oratorium, das der Santa Maria del Fiore geweiht war. In den ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts nahm das Oratorium eine Gruppe florentinischer Frauen auf, die entschieden waren, ihr Leben dem Gebet und der Buße zu widmen.
Diese Gruppe, die 1350 die Ordensregel der Augustiner einführte, überließ 1399 Kirche und Kloster den Franziskanermönchen, die die vorhandene Anlage in der Folgezeit erweiterten und mit Kunstwerken schmückten. Erst im Jahre 1516 aber durften die Kirche und das Kloster offiziell den Namen von San Francesco annehmen.
Nach einer Reihe von Restaurierungen, die das ursprüngliche Bild der Anlage zum teil stark veränderten, übernahm zu Begin dieses Jahrhunderts der Architekt Giuseppe Castellucci den Auftrag, der Kirche und dem Kloster wieder die originale architektonische Identität zu verleihen.
Die einfache und bescheidene Kirche besteht aus nur einem Schiff, das mit einem Spitzbogengewölbe abschließt. Außer dem Hauptaltar und dem herrlichen, erst kürzlich restaurierten Chor gibt es vier Seitenaltare, und an den Wänden rinden wir Kunstwerke von Wert, unter anderem die Verkündigung von Raffaellino del Garbo, die Anbetung der Weisen von Cosimo Rosselli, Werke von Pietro di Cosimo, Neri di Bicci und eine Madonna aus der Schule des Perugino.
In der Sakristei befinden sich außer einem farbigen Relief in gebrannter Tonerde aus der robbianischen Schule mit dem Titel Geburt sieben Tafelbilder mit dem Thema Werke der Misericordia, die von Baccio Maria Baccio 1933 gemalt worden sind. Von demselben Künstler stammen einige Fresken im kleinen Kreuigang der Sakristei und in dem von San Bernardino.
Zwei von Primo Conti um 1965 gemalte Tafelbilder finden wir im großen Kreuzgang. Weitere Werke kann man in der kleinen Sakristei, in der Kapelle von Sant'Antonio und im Conventino von San Bernardino besichtigen. Letzterer entstand in der Zeit zwischen 1333 und 1353, und die von dem Heiligen bewohnte Zelle ist heute noch vollkommen intakt.
Sehr eindrucksvoll ist auch der Convento Grande (das große Kloster), von dem vor allem das mit Fresken von Raffaellino del Garbo (16. Jahrhundert) ausgestaltete Refektorium umserer Interesse hervorruft. Draußen auf dem Vorplatz der Kirche schließt sich ein kleiner Säulengang an, in dem wir zwei von Mario Moschi angefertigte Bronzemedaglione finden, die zwei berühmte Franziskanermönche aus der jüngsten Vergangenheit dieses Klosters darstellen, den Pater Caramelli und den Bruder Clementino.
Pater Odorico Caramelli (1884-1962), der wegen seiner jugendlichen Schönheit gemeinhin « frate bello» gerufen wurde, war ein Musiker mit großem Talent. Er spielte die Orgel des Klosters und war mit vielen Persönlichkeiten unterschiedlichster Herkunft befreundet. Letzteres gilt insbesondere auch für Clementino Graziani (1885- 1966), den « kleinen Bruder mit der langen weißen Kordel », der Jahrzehnte hindurch auf den Stufen vor der Kirche Tausende von Touristen mit seinen kleinen Heiligenbildern empfing. Wo der lange Treppenlauf das Niveau des Platzes erreicht, erhebt sich ein Steinkreu:, das an die 1907 erfolgte Restaurierung der Kirche und an die im lybischen Krieg (1911-1912) gefallenen italienischen Soldaten erinnert.
Auf der rechten Seite des Platzes, wo jetzt Andenken verkauft werden, existierte eine dem San Bernardino geweihte Kapelle aus dem Jahre 1625.
Eine besondere Erwähnung verdient das Museum, das in den Jahren 1906-1910 auf Iniziative des Paters Giovan Crisostomo Giani eingerichtet wurde. Am Anfang stand eine wertvolle etruskischrömische Sammlung, die dann durch das Interesse des Pater Ambrogio Ridolfi um eine ägyptische Abteilung erweitert wurde.
Später kam eine dritte Abteilugung mit chinesischen Kunstwerken hinzu, die der Pater Sebastian Ceccherelli während seiner langjährigen Missionstätigkeit in Cina gesammelt hatte. Wegen der Seltenheit seiner Ausstellungsstücke wird das Museum täglich von zahlreichen italienischen und ausländischen Besuchern aufgesucht.
Neben dem Saal, der die etruskischen Gegenstände enthält, gibt es eine Tomba (Grab) genannte Kapelle. Dieser Name kommt wahrscheinlich daher, daß hier in der Vergangenheit einige Gräber für die sterblichen Reste der Wohltäter des Klosters in den harten Fels geschlagen worden sind. Trotz der verschiedenen Varänderungen hat die von Giovanni Bartolomeo Portigiani im Jahre 1114 gebaute Kapelle bis heute ihre ursprüngliche Struktur erhalten.
Bemerkenswert sind die Sitze des Chorgestühls (Stallen) mit Intarsien aus dem 15. Jahrhundert sowie ein Gemälde von Antonio Bettini (1752), das dem der Madonna der Zuflucht in der Votivkirche von Sinalunga ähnlich ist. San Francesco ist immer ein Ort der Zuflucht und der Meditation auch für Künstler, Schriftsteller, Musiker und generell kulturell interessierte Menschen gewesen.
Wir wollen nur die Namen von Einstein, Pizzetti. Papini, Soffici, Prezzolini, Malipiero, Bacci, Ojetti, Bargellini. Palazzeschi, Castelnuovo Tedesco, Cicognani, Bastianelli, Conti, Lisi, Luzi, Bigongiari, unter vielen anderen nennen. In den letzten Jahren hatte der junge Franziskanermönch Bruder Giuseppe Rossi das Werk von Caramelli und Clementino fortgeführt, indem er die Creme der florentinischen Kultur ins Kloster einlud.
Doch 1973 ist er ganz unerwartet als Missionar nach Bolivien gegangen.
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