Der Westen der Stadt
Diese Rundfahrt durch den Westen der Stadt vermittelt interessante Zeugnisse der industriellen Entwicklung dieses Gebiets, die je nachdem jedoch auch einen etwas desolaten Eindruck erwecken.
Trotz der massiven Urbanisierung dieses Küstenstreifens lassen das Relief der Landschaft, die Wallfahrtskirchen, die in ihre großen Parkanlagen eingebetteten Villen und die ihrer Parks beraubten, zwischen anonymen Häusern eingezwängten Paläste noch die ehemalige Pracht erahnen.
Diese unvergleichlich schöne Naturlandschaft, in der ab dem 16. Jahrhundert prunkvolle Adelssitze errichtet wurden, mußte in knapp einem Jahrhundert eine massive Industrialisierung über sich ergehen lassen: wenn es ein anschauliches Bild zeitgenössischer Stadtlandschaft überhaupt gibt, wenn auch mit schmerzvollen Kontrasten, dann ist es das Bild des westlichen Genua.
Eine Abgrenzung der einzelnen Küstenorte war zur Zeit der großen, elitären «Touristensaison» nicht möglich: von Sampierdarena bis Voltri reihten sich prunkvolle Paläste, Kirchen und Kloster, eingehüllt in den Duft der Orangenblüten. Auch die Verbindungswege waren, wie damalige Chroniken berichten, durchaus akzeptabel.
Im Jahre 1802 wurde gemäß der napoleonischen Straßenplanung die alte «Strada Ro-mana» zum befahrbaren Weg ausgebaut; bis Sampierdarena bestand seit dem 18. Jahrhundert die Straße durch das Tal Poicevera des Dogen G.B. Cambiaso, früher noch erreichte man die großen Villen im Westen eher vom Meer her, als auf dem Rücken der Maultiere.
Die Genueser Adeligen begannen im 16. Jahrhundert, für den Sommeraufenthalt Villen an der Westküste zu bauen und kauften zu diesem Zweck meist Klosterbesitze, die auf Grund der damaligen Krise des Klosterlebens in Verfall geraten waren.
Oft wurden Kloster und Kreuzgang dem neuen Palazzo einverleibt. Einige Klosterkirchen wurden unter der Schutzherrschaft dieser Familien restauriert und sind somit erhalten geblieben. Alle Siedlungen des «Ponente» entstanden um einen Hügel oder Ausläufer des Apennins; auf der höchsten Erhebung, oberhalb der Weinberge, die von der ansäßigen Bevölkerung angelegt wurden, steht im allgemeinen eine Kirche.
Die flachen Sandküsten, die vom Meer her leicht erreichbar waren, wurden befestigt und ließen in Sestri und Sampierdarena Werften entstehen, wo die großen, privaten Flotten während der Wintermonate (Oktober bis Mai) für die anfallenden Instandhaltungsarbeiten an Land gezogen wurden.
Das älteste Monument von San Pier d'Arena ist die kleine, dem Hl. Augustinus geweihte Kapelle (bek. seit 725), in der nach ihrer Ankunft aus Afrika die Urne mit der Asche des Heiligen für kurze Zeit aufbewahrt wurde. Diese Kirche wurde später in den Kreuzgang des Augustinerklosters Santa Maria della Cel la (13. Jh. u.ff., mit bemerkenswerter Innendekoration) eingeschlossen, das von der Küstenstraße über Vico Aporti erreichbar ist.
Dies sei hier erwähnt, weil dieser Komplex nicht innerhalb der hier aufgeführten Rundfahrt liegt.
Via Cantore ist die breiteste Straße, die diesen Ort durchquert; (weiter meerwärts verlaufen parallel die Via Buranello mit zahlreichen Geschäften und die Küstenstraße und ehemalige Hauptachse Via Sampierdarena).
Sie wurde vor dem Bau der Autobahn (1967) als Straße für den Durchzugsverkehr angelegt. An der Abzweigung Via San Bartolomeo del Fossato (Nähe Autobahnauffahrt) befand sich bis vor dem 2. Weltkrieg die Abtei des Florentiner Ordens der «Vallombrosani». Einen Häuserblock weiter südlich verläuft parallel die historische Achse Via N. D'Aste - Via Dottesio an der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts prächtige Paläste im Stil G. Alessis mit ebenso auserlesenen Gärten an der Meer- sowie an der Bergseite errichtet wurden.
Aus dem heutigen Häusermeer ragt noch der mit Kragsteinen verzierte Turm Spinola di San Pie-tro (Via all'lstituto Tecnico). Andrea Ansaldo schuf in seinem Inneren die Fresken mit den «Heldentaten des Ambrogio Spinola», des großen Feldherrn, der in diesem Familienpalais residierte. Drei weitere Villen, die fast gleichzeitig um 1560 hier erbaut wurden, die Fortezza (Grimaldi, Via Palazzo della Fortezza, 14), die Bellezza (Imperiale-Scassi, Via N. D'Aste, 3) und die Semplicitä (Lercari-Sauli, Via D'Aste, 8) bildeten eine Prunkstraße, durch die nicht selten Herzöge und gekrönte Häupter in feierlichem Zuge mit ihren Gefolgen schritten.
Peter Paul Rubens verweilte im Palazzo For tezza anläßlich eines Besuchs des Herzogs von Mantua; 1599 war in diesen Palästen die spanische Königin mit der Königinmutter und dem Bruder, sowie ihrem Gefolge zu Gast. Via Cantore hat leider den schönen, gut erhaltenen Park der Villa Imperiale (heute Stadtpark), den architektonisch gelungensten unter den manieristischen Parkanlagen Genuas, von seinem zugehörigen Palast abgetrennt.
Von seiner höchsten Erhebung gelangt man über die Salita al Colle di Belvedere zu einem schönen Aussichtspunkt, wo sich ehemals ein wuchtiges Fort erhob, von dem nur mehr die Grundmauern und eine der Muttergottes geweihte Wallfahrtskirche übriggeblieben sind.
Nicht weit von dem Palais Imperiale erinnert ein noch imposanterer Turm an eine ehemalige Villa Doria (heute renoviertes Klostergebäude der «Madri Franzoniane», Via N. D'Aste, 9): hier ist noch eine wunderschöne Mosaikgrotte («Grotta rustica») zu sehen, eine der wenigen, die erhalten geblieben sind.
Auf der rechten Seite der Via Cantore steht — nach Anlegung der Straße in etwas erhöhter Lage — der Palazzo Doria Masnata (Nr. 31). Alle diese Gebäude beherbergen heute öffentliche oder private Schulen.
An der Piazza Montano (Nr. 4) überragt ein kleiner Renaissanceturm ein Gebäude, das mit der Villa Centurione Carpaneto, deren herrliche Fresken «Römische Szenen» von Bernardo Strozzi, genannt «der Cappuccino», stammen, kaum mehr Ähnlichkeit aufweist.
Diese Türme, die im 16. Jahrhundert noch eine präzise Schutzfunktion für die Küste hatten, sind Anhaltspunkte zur Rekonstruktion eines historischen Landschaftsbildes, das auf Grund der nicht mehr vorhandenen Gärten sonst kaum mehr auszunehmen wäre.
In der Via Pacinotti befinden sich die Direktionsgebäude des Konzerns Ansaldo, der größten italienischen Industrieanlage für Thermoelektromechanik und Nuklearantrieb. Das Historische Archiv, das hier untergebracht ist, illustriert die Geschichte der Entwicklung eines modernen Industrielandes.
In den Jahren zwischen 1842 (Anlegung der Küstenstraße) und 1856 (Bau der Eisenbahnlinie Genua-Voltri) war schon der erste Schritt zur Industrialisierung des Gebiets von Sampierdarena getan, zuerst durch die Maschinenfabrik Taylor & Prandi (1846), die wenige Jahre später von den genuesischen Unternehmern Gio. Ansaldo & Co. (1853) übernommen wurde.
Das Königreich Savoyen unterstützte und finanzierte den Bau der Eisenbahnlinie und 1854 wurde im Werk Ansaldo die erste italienische Lokomotive fertiggestellt, die «Sampierdarena» genannt wurde.
Während die «Villenkultur» in Sampierdarena im 17. Jahrhundert langsam ihr Ende findet, erlebt sie in Cornigliano und in Pegli im 18. Jahrhundert eine neue Blütezeit. Es wird sogar berichtet, daß die genuesischen Adeligen die Sitzungen im Dogenpalast vernachlässigten und sich stattdessen genüßlich auf ihren Landsitzen die Zeit vertrieben.
Dies ist ein strenger Vorwurf, der zwar teilweise begründet ist, aber der damaligen Generation von reiselustigen und kunstbeflissenen, durchaus nicht müßigen Patriziern keinesfalls gerecht wird. Die Parkanlagen waren reinste botanische Gärten, Anmut und Harmonie des mitteleuropäischen Rokokostils und die Eleganz neuklassizistischer Linien fanden in den Palästen höchsten Ausdruck, manchmal mit einander kombiniert, wie im Palazzo des Giacomo Durazzo an der Meerseite der Straße nach der Brücke von Cornigliano, in dessen großen Sälen mit Stuckwerk und einfarbigen Freskenmedaillons sogar ein naturwissenschaftliches Kabinett (1780) eingerichtet war, eine Rarität im damaligen Europa.
Die auffallend schöne Freitreppe im Inneren und der Park stammen von Andrea Tagliafichi. Dieser wahrhaft fürstliche Palast war von 1863 bis zu seinem Tod im Jahre 1867 Sommerresidenz des Prinzen Oddone von Savoyen. Die Schönheit dieses Orts und das heilsame Klima, das einem Prinzen das Leben hätte retten sollen, hielten aber den städtischen Unternehmergeist nicht davon ab, Cornigliano in das Industriegebiet Sampierdarenas, von dem es nur durch den Fluß Polcevera getrennt war, einzubeziehen.
Vor dem Ende des 19. Jahrhunderts gab es hier eine Fabrik für Kupferlegie rungen (Delta) und das Hütten-und Stahlwerk Ansaldo. Im Garten der neu erworbenen Villa Durazzo gründeten die damaligen Inhaber der Fabrik Ansaldo, die Gebrüder Bombrini, eine Schiffswerft.
Das sorgfältig restaurierte Palais wurde Zentrale und Verwaltungssitz dieser Industrieanlagen; seit diesem Zeitpunkt gehört es einer anderen Zivilisation an. Der Park und der ge samte Strand von Cornigliano wurden von den Stahlwerken O. Sinigaglia buchstäblich verschlungen.
Ein besseres Schicksal war der neuklassizistischen Villa Serra beschieden, die heute als Verwaltungssitz des Stadtviertels inmitten öffentlicher Grünanlagen dient (Via Cornigliano).
Auf der Bergseite sind an den Straßen Cervetto und Tonale alle Villen erhalten geblieben. Es handelt sich um eine beträchtliche Anzahl größerer und kleinerer, manchmal ländlicher Villen (Spinola, Serra, Dufour). die meist ihre Garten einbüßen mußten, jedoch die viereckigen kleinen Wachttürme bewahren konnten.
Der Hügel Coronata ist mehr als nur das «Bel-vedere» Corniglianos über dem Tal Polcevera: inmitten seiner Weinberge erhebt sich auch hier eine Marienwallfahrtskirche, die in der Nachkriegszeit zum größten Teil neu erbaut wurde, und das Oratorium der «Assunta» (Maria Himmelfahrt) mit Fresken und Stuckwerk im Rokokostil. Im Grün der Weinberge überragt die befestigte Villa Asplanati Morsello -(16. Jh.) das gesamte Gebiet.
Im Zuge ,der Bestrebungen um die Gründung des sogenannten «Groß-Genua» verschmolzen die einzelnen Küstenorte auch hier an der Westriviera zu einem einzigen Stadtgefüge: lokale Traditionen und geographische Trennungslinien verloren an Bedeutung, wie am Beispiel der Abtei Sant'Andrea zu sehen ist, die zuerst den Zisterziensern, dann den Dominikanern gehörte und schließlich in den Besitz der Familie Raggio kam.
Sie erhob sich inmitten eines Waldes auf dem Vorgebirge zwischen Cornigliano und Sestri; Kirche und Kloster wurden der neugotischen Villa Raggio einverleibt, das Schloß auf dem ehemaligen Kap Sant'Andrea existiert heute nicht mehr.
Bald erkannten die Genuesen die Notwendigkeit, Dampfschiffe zu bauen, um die Konkurrenz ausländischer Schiffahrtslinien auszuschalten: daher wurde im Jahre 1868 in Sestri Ponente die Werft Cadenaccio (spater Ansaldo) eröffnet.
Aus dieser Werft Ansaldo (Schiffbau und Metallurgie, Eingang in der Via Siffredi) stammten die großen italienischen Überseeschiffe «Rex», «Colombo», «Andrea Doria», «Leonardo da Vinci«, Kanonen und Waffen für die zwei Weltkriege; sie war jedoch auch die Wiege der großen Gewerkschaftsorganisationen der Arbeiterbewegung und ein Mittelpunkt des antifaschistischen Widerstands.
Als 1926 die Gemeinden des westlichen Küstenstreifens zu Stadtbezirken Genuas erklärt wurden, zeigte sich der größte Widerstand gegen diese Verfügung gerade in den drei Orten Sestri, Cornigliano und Sampierdarena, Zentren, in denen die Industrie nunmehr eine wirtschattliche und soziale Realität darstellte, und die die Vor- und Nachteile des «Industrie-Dreiecks» (Mailand-Turin-Genua) als erste am eigenen Leib erfahren hatten.
Die Via dell'Ac-cialo in Sestri kann sich wohl zu Recht des Namens «StahlstraBe» rühmen: Ausgrabungen in diesem Gebiet haben Reste einer Siedlung aus der Eisenzeit freigelegt, und der römische Name «sextum miliarium» bezeichnet die sechste Meile westlich der Stadt Genua. Die mittelalterliche Siedlung entstand in der Folge auf den Hügeln um die Pfarrkirche San Giovanni Battista (Joh. d. Täufer) an der heutigen Allee C. Canepa.
Sie geht auf das 12. Jahrhundert zurück, wurde aber im 16. Jahrhundert neu erbaut. Tiefer gelegene Siedlungen stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert längs der Via Paglia, der ältesten Durchgangsstras-se. In jüngerer Zeit wurde der Küstenstreifen besiedelt (Via D'Andrade, Via Sestri, Via C. Menotti, Via G. Puccini) und durch Querstrassen zu Beginn des 20. Jh. endgültig mit den Hafen- und Werfteinrichtungen verbunden.
Die Via Sestri, die «Straße der Kutschen» ist heute eine frequentierte Geschäftsstraße. Die Pfarrkirche Santa Maria Assunta geht auf das Jahr 1620 zurück und bewahrt in ihrem Inneren beachtliche Kunstwerke; die Hauptfassade wurde vor nicht langer Zeit neu gestaltet.
Das Gebäude mit der Hausnummer 34, ein ehemaliger Palazzo Fieschi (16. Jh.), beherbergt die Büros der Stadtbezirksverwaltung. Die Straße in Richtung «Costa» verband schon in früheren Zeiten Sestri mit Borzoli und dem Tal Polcevera. Auf diesem Hügel erhebt sich die schöne Kirche Santa Maria della Costa (14. Jh.).
Vom Monte Gazzo aus — auch hier steht eine der Marienverehrung bestimmte Wallfahrtskirche — hat man einen schönen Blick auf die ganze Küste.
An der Piazza B. Poch liegt der Eingang zum Park der Villa Ros-si Martini, dem Stadtpark dieses Viertels. Ein weniger günstiges Schicksal hatte der große Park der Villa Spinola Maria, der schönsten und monumentalsten Barockvilla Genuas. Die Nobeletage zeigt schöne Loggien und Freitreppen, die zum Garten herunterführen, während der Saal mittels einer Brücke mit dem hinteren Teil des Gartens verbunden ist.
Die Ausstattung des Parks ist noch zum Teil erhalten; erwähnenswert sind die typisch genuesische Bepflasterung und ein girlandenbekränzter Satyr über der Muschel eines Nymphäums.
Der kleine Ort Multedo. einst »die Perle des Westens», erscheint heute durch riesige Öltanks und durch die Autobahneinfahrt verunstaltet: ein Bild der Unkultur und des Verfalls im Vergleich zu der ausgewogenen und zivilen Entwicklung der ersten Industrieniederlassungen.
Die Villa Lomellini-Rostan (16. Jh.) ist nicht nur ein prächtiger Villenbau, sondern war jahrhundertelang auch kultureller Mittelpunkt dieses Gebiets.
Im Inneren dieses typisch genuesischen Palazzo mit Eckenloggien und Wachtturm befindet sich eine große Anzahl marmorner Statuen und Büsten, sowie ein bedeutender Freskenzyklus mit dem Titel «Römische Szenen».
Alles zeugt von Kultur und Würde, die von Unkultur überwältigt wurden; Masken, moosüberwachsene Schildkröten, Delfine und verstümmelte Zephire auf dem kleinen Rest einer ehemaligen Parkanlage sind eine stumme Anklage gegen Verwahrlosung und Vereinsamung.
Der Park wurde auf Veranlassung des gebildeten Dogen Agostino Lomellini im 18. Jahrhundert vom genialen Andrea Tagliafichi angelegt und wurde so berühmt, daß im 19. Jahrhundert sogar Könige und Fürsten in Multedo eintrafen.
Die Familie Lomellini förderte auch die Errichtung eines Karmeliterklosters auf dem nahen Monte Oliveto (16. Jh.) — zur selben Zeit finanzierten sie in Genua die Ausschmückung der Kirche Nunziata — und auch hier wurde nicht an Mitteln gespart.
Ein Beweis dafür ist das große Altarbild der Kreuzabnahme von Pier Francesco Sacchi (1527), einem lombardischen Meister genuesischer Tradition. An den Hängen dieses — wie schon der Name besagt — von Olivenbäumen bestandenen Hügels wurde anstelle einer früheren Kirche, die den Heiligen Nazario und Cel-so geweiht war, ein gleichnamiges Oratorium erbaut, mit dessen Innenausschmückung (Szenen aus dem Leben der beiden Heiligen) L. Tavarone im Jahre 1634 betraut wurde.
Der Bach Varenna bildet die Grenze zwischen der Industriezone und den Wohnvierteln, von denen Pegli zweifellos das renommierteste darstellt. Von den Villen, die sich an der Küste aneinanderreihten, sind einige noch trotz der Umstrukturierung erkennbar, wie z.B. der große Palazzo der Lomellini, der Fürsten von Tabarca, der im vergangenen Jahrhundert zum Hotel Mediterranee umgestaltet wurde, als Pegli noch ein vielbesuchter Fremdenverkehrsort von internationalem Ruf war.
Sogar ein Papst (Benedikt XV) hatte hier sein Familienpalais (Villa della Chiesa, 17. Jh., heute noch im Besitz seiner Nachfahren) an der Küstenstraße, einer schönen Strandpromenade, von der der Blick bis zum Berg von Portofino reicht.
In bezug auf die Bevölkerungsdichte ist Pegli das zweitgrößte Stadtviertel des Westens; zum Glück sind nur die Parkanlagen an der Küste, jedoch nicht die dem Berg zugewandten Gärten verlorengegangen. Der größte Villenkomplex ist die Villa Doria (Piazza Bonavino, 6). Sie wurde im 16. Jahrhundert für Adamo Centurione, einen Bankier und Freund Andrea Dorias, erbaut, der im Ruf stand, der reichste Mann der Stadt zu sein.
Nach seinem Tod kam sie in den Besitz des Gio. Andrea Doria, der einen Park bis zum Meer anlegen ließ. Bergwärts ist auch heute noch ein beträchtliches Stück des Parks mit Steineichen-Kiefern-und Eichenwäldern erhalten: neben einigen exotischen Pflanzenarten sind noch der kleine Teich und die «verzauberte Insel» (nach einem Entwurf G. Alessis), leider wahrlich nicht in bestem Zustand, zu sehen.
Im Inneren des Villengebäudes wurde das Städtische Schiffsmuseum (Museo Navale) untergebracht: der durch private Schenkungen bereicherte Museumsbesitz reicht von Schiffsmodellen aller Epochen bis zu originalgetreuen Rekonstruktionen der drei Caravellen; dazu kommen wertvolle Gemälde, wie z.B. eine berühmte Stadtvedute aus dem 15. Jahrhundert, Marinen flämischer Meister aus dem 17. Jahrhundert, Artilleriestücke, Galionsfiguren und Seemeßinstrumente.
In Pegli wurde auch der erste Park für öffentliche Zwecke konzipiert, und gerade dieser ist logischerweise am besten erhalten geblieben: der Park der Villa Pallavicini, Werk des Malers und Bühnenbildners Michele Canzio, wurde zwischen 1837 und 1846 für den Marchese Ignazio Pallavicini geschaffen und bildet eine romantische Synthese aller architektonischen Motive und der botanischen Vielfalt, die die genuesische «Kultur der Gärten» im Laufe einiger Jahrhunderte an der Küste und im Hinterland hervorgebracht hatte.
Hier ist alles noch ziemlich gut erhalten, Wäldchen und Lichtungen, Teiche, Inseln, Pavillons, Triumphbogen und Ruinen, Statuen und Brunnen, Grotten und Wasserspiele, und weiter noch zinnengekrönte Burgen und orientalische Pagoden, Phantasien einer romantischen und exotischen Sehnsucht. Im Gebäude dieses Landsitzes (heute öffentlicher Park) wurde das Ethnologische und Archäologische Museum (Museo civico etnologico e archeologico) eingerichtet.
Der Stadtteil Prä-Palmaro bestand in früheren Zeiten aus einem langen schmalen Siedlungsstreifen längs der Küste zwischen Pegli und Voltri ohne eine eigentliche Autonomie.
In den letzten Jahrzehnten hatte er unter den westlichen Vororten jedoch die größte Bevölkerungszunahme zu verzeichnen. Das Sozialwohnbauprojekt, das hierauf den Hügeln realisiert wurde, hat heute aber eher den Ruf eines Immigrantenghettos, als den einer gepflegten Wohngegend.
Auch hier sind die Villen zahlreich vertreten, ein Großteil davon stand im Besitz der Familie Negrone. Die kleine Villa Negrone di San Pietro (18. Jh., Via Cordanieri 21) hat eine fächerförmige, zentrale Freitreppe, eine Seltenheit in der genuesischen Architektur.
Im Inneren befindet sich ein Saal von beachtlichen Dimensionen, der als Konzertsaal des berühmten Violinisten Camillo Sivori bekannt geworden ist. Diese Residenz wurde in den Komplex des ehemaligen Zisterzienserklosters San Pie-tro (12. Jh.) einbezogen, von dem heute nur mehr der schöne romanische Kampanile erhalten ist.
In recht gutem Zustand ist noch der kleine herrschaftliche Sitz Villa Laura (Via Sapello) an der Küstenstraße.
Der Palazzo der Familie Negrone (16. Jh.) in der Via Pieve di Teco 16 erweckt eher den Eindruck einer Festung, als den eines Landsitzes; die prächtigen Fresken im Saal sind von Gio. Andrea Ansaldo und die kostbare Ausschmückung der angrenzenden Kapelle stammt von G. Galeotti (18. Jh.).
Die übrigen Villen Palmaros wurden zu Wohnhäusern umstrukturiert (Adorno Piccardo, Via Prä, 62) oder aber stehen stehen leer wie die Villa Doria Podestä (Nr. 63). Der sogenannte «Lido von Palmaro», den gediegene Patriziervillen säumten, war ein schöner und beliebter Strand bis in jüngste Zeiten, als er im Hinblick auf die neuen Hafenanlagen aufgeschüttet wurde.
Voltri war der historisch und wirtschaftlich wichtigste Ort an diesem Küstenstreifen und dies wohl auf Grund seiner günstigen Lage an einer natürlichen Bucht und dank des Tals Leira, einer natürlichen Nord-Südverbindung, die über den Paß Turchino in Richtung Piemont (Monferrato und Alessandria) führt.
Längs dieses Tals wurden schon frühzeitig Papier-und Textilindustrien angesiedelt. Seitdem Voltri seine Autonomie als eigenständige Gemeinde aufgeben mußte, aber nicht wie andere Vororte am großen Industrialisierungsprozeß teilhatte, ist hier die städtische und demographische Entwicklung zum Stillstand gekommen und der Ort hat demzufolge seinen ursprünglichen, etwas ländlichen Siedlungscharakter beibehalten.
Er erweckt aber damit keinesfalls den Eindruck von Dekadenz, eher ist eine Atmosphäre der Erwartung einer neuen großen Entwicklungsphase spürbar, die durch die Autobahn Voltri-Alessandria und den Bau der neuen Hafenanlagen nunmehr eigentlich bevorsteht.
Die reich dekorierten Kirchen Voltris waren einst bedeutende Kulturzentren. Sant'Ambrogio (Via Don Giovanni Veritä, 19) wurde inmitten von Fischerhäusern im 13. Jahrhundert errichtet; die heutige Kirche geht jedoch auf das Jahr 1620 zurück.
Im Inneren sind schöne Altargemälde genuesischer Meister (B. Strozzi, A. Ansaldo, Gio. Andrea De Ferrari) und polychrome Statuen des Mara-gliano und seiner Schule sehenswert. Auch die Kirche der Heiligen Nikolaus und Erasmus (1652) jenseits des Bachs Leira bewahrt Werke der bedeutendsten Künstler des 16. und 17. Jahrhunderts (L. Cambiaso, A. Ansaldo, Gio. Andrea De Ferrari, D. Pipla, Gio. Andrea Carlone).
Die imposante Villa Duchessa dl Galliera ist jedoch das architektonische Meisterwerk Voltris. Im 18. Jahrhundert wurden das Palais, wie auch der Park (32 ha) so ausgebaut, wie sie heute erhalten sind. Als Residenz der Herzogin Maria Brignole-Sale von Galliera erlebte sie im 19. Jahrhundert ihre größte Glanzzeit, als Päpste und gekrönte Häupter dort zu Gast weilten.
Abgesehen von ihren wirklich beachtlichen Dimensionen ist diese Villa bekannt wegen ihrer zierlichen Rokokodekoration aus vielfarbigen Muscheln und Kieselsteinen im großen, ebenerdigen Saal und wegen des anmutigen neuklassizistischen Theaters (A. Campora).
Der Park ist trotz einer gewissen Vernachlässigung seiner ehemals gepflegten marmornen Ausstattung besonders sehenswert: es handelt sich um einen richtigen «Gebirgspark» mit Steineichenwäldern und Kiefern, Wiesenflächen und einem kleinen Zoo mit Damwild, Zwergziegen und Pfauen. Auch einige Bauern-häuser sind erhalten.
Auf dem Gipfel des Hügels erhebt sich die Wallfahrtskirche delle Grazie, einer sehr alte, ehemals dem Hl. Nikolaus geweihte Pfarrkirche. Im vorigen Jahrhundert wurde sie in neugotischem Stil wiederaufgebaut, eine Stilrichtung, die das Innere des Gotteshauses im typisch genuesischen schwarz — weißen Streifenmuster noch zusätzlich akzentuiert.
Ein Madonnenbildnis aus dem 16. Jahrhundert wird hier verehrt. In der Kirche befinden sich auch die Familiengräber der Brignole-Sale, darunter auch das der berühmten Herzogin von Galliera, sowie eine reichhaltige Ex-Voto Sammlung.
Die Villa Galliera ist heute vor allem eine grüne Oase oberhalb des Tals Cerusa, das den Vorort Voltri gegen Westen abgrenzt.