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Mailand Sehenswertes in Mailand

 

 

 

 

 

 

Mailand DER DOM

Da ist nichts zu machen: wenn man in Italien sagt « der Dom », denkt man gleich instinktiv, wer weiss warum, an den Dom von Mailand, an diesen Wald von Zinnen, Türmchen, Giebelspitzen und Statuen, an diese grosse, geduldige Arbeit mit Grabstichel und Steinmetzhammer die seine Fassade, seine Flanken, seine Apsis bilden; an diesen geistigen Höhepunkt der Gotik den sein Inneres darstellt.

Die anderen « Dome» Italiens kann man beim Namen nennen: Santa Maria del Fiore, San Marco, San Petronio; den Dom von Mailand nicht, trotzdem er auch einen Namen hat (er ist der Madonna Nascente gewidmet), er ist
«der Dom» und Schluss, im Dialekt el Domm.

Den Dom von Mailand stellt sich einer der ihn nicht gesehen hat ganz weiss vor; in Wirklichkeit ist seine Farbe ein undefinierbarer Ton zwischen grau, goldgelb, bräunlich, mattrosa, violett, je nach der Beleuchtung.

Es ist die Schuld des Nebels, des «Smog» der schwärzt und zersplittert, der Patina der Jahrhunderte und anderer Ursachen; aber das Geheimnis der « schillernden» Farbe des Doms versteht man erst wenn man ihn aus der Nähe betrachtet: und es liegt an der Qualität des Marmors seiner Verkleidung, des Marmors von Candoglia, der von Natur (wie es im Führer des Touring Club Italiano geschrieben steht) « weiss-rosa, leicht geperlt, mit fleischfarbenen Schattierungen und bläulicher Äderung» ist.

Man kann nicht gerade sagen dass der Domplatz - architektonisch gesehen - ein Wunderwerk ist; weder durch Einheit und Anpassung des Stils, noch durch Ansehnlichkeit und Schönheit der Formen; und er ist nicht einmal ein Platz der sich als «malerisch» vorstellt, wie es so viele in Italien gibt.

Er ist aber, ausser majestätisch, «fürchterlich» sympatisch, Gott weiss warum!

Vielleicht wegen seiner Lebendigkeit, der beständigen, freudigen Bewegung, wegen der Menschenmenge und den Schaufenstern unter den Arkaden; vielleicht wegen einer gewissen literärischen « Ladung », oder einfach weil er der Domplatz von Mailand ist.

Dann natürlich ist der Dom, ein Gebäude das gefallen kann oder auch nicht (besonders den ausgesprochenen « Klassizisten »); der aber auf jeden Fall, überrascht und bezaubert, und mit einer solchen Persönlichkeit, dass er allein alles andere in den Schatten stellt.

Die, so zu sagen, weniger schöne Seite des Platzes ist die dem Dom gegenüber liegende, unbedeutende und schlampige Fassaden, aber gerade von dort beginnt am Abend, beim Anbruch der Dunkelheit, das Wunder.

Das Leuchten und Blitzen der vielfarbigen Lichter, ihr Kreisen, Wechseln, Funkeln und Fortlaufen in unaufhörlichem Rythmus der einen beinahe aus der Fassung bringt, dem man schwer folgen kann (an Stelle der Sterne - schrieb Umberto Saba - entzünden sich jeden Abend die Worte).

Dann kann der Platz auch wunderschön werden.

Dom von Mailand
eingefroren
umgekehrt vergraben
das ist die natürliche Cathedrale
der Grotten von Postumia
(Farfa)

Wer hat den mailändischen Dom gemacht?

Die Antwort ist schwierig, wenn nicht unmöglich: denn der Dom von Mailand ist eines jener grossartigen Gemeinschaftswerke das sich im Laufe der Jahrhunderte gebildet hat, ähnlich einer langsamen, geologischen Schichtenbildung, und an dem unzählige Menschen in einer langen ununterbrochenen Serie von Generationen gearbeitet haben, wie ein Schar Ameisen.

Der erste Anstoss zum Bau des Domes war der unerwartete Einsturz, am 11. April 1353, des Glockenturmes der «Winterlichen Basilika» Santa Maria Maggiore, der in dramatischer Weise die Notwendigkeit der Errichtung einer neuen Kathedrale vorbrachte.

Das Problem kam Ende desselben Jahrhunderts seiner Lösung nahe, am Anfang jener « Wiedergeburt» die sich in Mailand während der Herrschaft des « tugendhaften Grafen » Gian Galeazzo Visconti offenbarte, der 1385 die Zügel der Regierung ergriff.

Der Beginn des mächtigen Bauwerkes, den die Historiker ins Jahr 1385-86 verlegen, wurde nicht nur vom Willen des Fürsten beeinflusst, sondern auch von der begeisterten Teilnahme der ganzen Bevölkerung, die von dem mächtigen Erzbischof Antonio da Salluzzo angespornt, sich auf jede Art bemühte die finanziellen Mittel zu diesem kolossalen Unternehmen aufzubringen.

Und eine Gemeinschaft hat sicherlich auch das Projekt dieses Gebäudes ausgearbeitet der von Anfang an italienische und ausländische Meister vorstanden, in einer der umfassendsten «Equipe» der Geschichte.

Die Arbeiten begannen, wie üblich, von Osten, also von der Apsis; und in ihrem Fortschreiten wurden alle früheren, alten Bauten die im Wege waren, abgerissen.

Es ist nicht unsere Aufgabe hier die lange Geschichte eines Baues zu erörtern der ungefähr 500 Jahre dauerte ( lang wie der Dombau - sagen noch heute die Mailänder ).

Also nur ein paar Tatsachen und die bedeutendsten Namen. Der erste Name ist der von Simone da Orsenigo, Werkmeister am Bau bis 1391 (es ist reine Phantasie von einem einheitlichen Entwurf von Andrea da Modena oder Gian Galeazzo selbst zu denken), dem eine ganze Schar von Meistern folgte, darunter Marco und Bonino Campione, Nicolas de Bonaventure, Johann aus Freiburg, Ulrich aus Füssingen, Giovanni Mignot und andere.

Eine hervorragende Rolle spielte bis zu seinem Tode im Jahre 1398 Giovannino de' Grassi, Maler, Bildhauer, Miniaturist und Architekt: «ein rechtschaffener Mann und treuer Freund des Baues », zu dessen Zeit die inneren Pfeiler errichtet werden und man beginnt die Gewölbebogen aufzuschlagen.

Nach dem Tode von Gian Galeazzo im Jahre 1402 kommen keine ausländischen Meister mehr herüber; inswischen wird das wundervolle Masswerk an den Fenstern der Apsis geschaffen und man beginnt die bunten Fenster einzusetzen; 1418 weiht der Papst Martin V. den Hauptaltar.

Von 1414 bis 1448 ist Filippino degli Organi der Arbeitsleiter, nach ihm, unter Francesco Sforza, Giovanni und Guiniforte Solari; unterdessen erhebt sich das Tiburium, dessen Kuppel von Amadeo und Dolcebuono im September 1500 beendet wird.

Hier kommt eine Pause; die Arbeiten werden erst 1547 wieder aufgenommen; von '67 bis '85 ist Werkmeister Pellegrino Pellegrini der, im Geist der Gegenreform, zum « Imbarokkieren » einiger Einzelheiten im Inneren führte (nicht umsonst war Pellegrini der Treuhänder des HI. Carlo
Borromeo ).

Pellegrini selbst schlug zwei verschiedene Lösungen für die Fassade vor, und hatte als Gehilfen eine gewisse Zeit Galeazzo Alessi.

Ernstlich an die Fassade zu denken begann man erst von 1590 an, anfangs Martino Bassi, dann Lelio Buzzi und zuletzt Francesco Maria Richini, dem die Ehre zuteil wurde - er war ein Schützling des Kardinals Federico Borromeo - ihren Aufbau 1631 anzufangen, im unteren Teil nach Zeichnungen des Pellegrini.

Richinis Werk führte der Architekt CarIo Buzzi weiter, trotz der heftigen Kritik des grossen Gian Lorenzo Bernini.

Unterdessen ist das ganze Gebäude schon gedeckt worden und sein Inneres füllt sich mit Barockskulpturen; von der Fassade, die seit dem Tode des Buzzi nicht mehr weitergebaut wird, hört man anderthalb Jahrhunderte lang viel reden, ohne sie zum Abschluss zu bringen.

Ein besseres Schicksal erreicht die mittlere Turmspitze des Tiburiums die von Francesco Croce zwischen 1765 und '69 beendet wird.

Auf ihr wird im Triumph im Jahre 1774 die vergoldete Statue der « Madonnina » aufgestellt, Glorie und Symbol Mailands.

Um dem Unternehmen einen endgültigen Anstoss zu geben braucht es des eiligen Starrsinns Napoleons der 1805 im Dom gekrönt wurde und nun darauf besteht mit der Fassade endlich Schluss zu machen.

Diese Fassade wird auch wirklich 1809 nach einem Entwurf von CarIo Amati beendet. Aber der Bau geht noch eine ganze Zeit lang weiter, so dass erst 1906 das Hauptportal seine bronzenen Türflügel erhält, während der Wettbewerb zur letzten Tür, der rechten, unseren Tagen sehr nahe kommt (1952-53).

Der phantastische Reigen von Türmen, Türmchen, Giebelspitzen, Strebepfeilern, Stützbogen, Simsen, Statuen, Masswerk und Ornamenten lässt uns den Dom so erscheinen als wäre er von einer übernatürlichen Steinvegetation bedeckt.

Man kann es kaum glauben, aber der grösste Teil davon ist im XIX. Jahrh. erblüht, durch das Werk jener « emsigen Bebauer» (wie sie kürzlich so treffend von Mia Cinotti genannt wurden) die die verschiedenen Amati, Pestagalli , Vandoni, Cesabianchi waren,

Aber der Samen kommt aus der Ferne, aus dem Geist der letzten Gotik, der vom Ende des XIV bis Anfang des XV Jahrh. die italienischen, deutschen und französischen Künstler beseelt hatte, und dem, trotz geschmackloser Abweichungen und Verschiedenheit der Auslegung, die Generationen der Handwerker doch treu geblieben waren.

Auch da wo die mehr oder weniger mechanische Wiederholung der Modelle sich den kulturellen Schemen des gothic-revival nähert.

Aber das gleiche Geschick haben viele der grossen gotischen Bauten jenseits der Alpen erlitten die durch Jahrhunderte gewachsen sind, angefangen von einem der erhabensten, dem Köln er Dom.

Wir wollen hier nicht die kostbaren Schätze aufzählen die sich im mailändischen Dom befinden (Gemälde, Statuen, Grabdenkmäler, Gold- und Silberarbeiten, Gobelins, Stoffe, Intarsien, kostbarer Marmor), noch von der erstaunlich plastischen Überkrustung reden die seine Flanken und Türmchen bedeckt und auch an unzählige Namen von Steinmetzen aus allen Ländern gebunden ist.

Noch von den wundervollen Glasfenstern die sich beständig erneuert haben (auch nachdem die freudigen Salven die Napoleons Krönung feierten einen grossen Teil davon zertrümmert hatten), noch von den unendlich wechselvollen Ansichten die das grosse Gebäude von allen Seiten bietet: von unten, von oben, längs den riesigen Flanken, das plötzliche Auftauchen am Ende einer Strasse die darauf hinführt der enormen Apsis, und auf ihr das unerschöpfliche feine Spiel des Masswerks und der Verzierungen.

Das Innere des mailändischen Domes.

Fünf grandiose hohe Schiffe, geteilt durch mächtige Pfeilerbündel die die Spitzbogen tragen und von denen die kühne Gliederung der Kreuzarme ausgeht; aber zwischen den Pfeilern und Bogen die erhabene Pause der Kapitelle in Form von Tabernakeln, dieselben die von Giovannino de' Grassi gezeichnet wurden, ähnlich wie erblühte gotische Knotenstöcke der Hirten.

Das Transept und der Wandelgang in der Apsis nach französischer Art. Unterjochende Geistigkeit, mystisches Schwindelgefühl, Suggestion des Erhabenen.

Das sind Worte die hundertmal in der reichen Literatur wiederholt werden. Ojetti, der eine Kritik entwickelt die vielleicht nicht frei von klassizistischen Verirrungen ist, glaubt im Dom von Mailand den Triumph des «soliden lateinischen Gewissens» zu sehen, - «das durch das ganze XIV Jahrh. der Flut des gotischen Launen wiedersteht ».

Es ist möglich; aber wenn wir das Innere dieser Kirche bewundern die am geographischen Rande der «echten» Gotik entstanden ist, scheint es uns im Gegenteil eine Gotik zu atmen die noch «gotischer» ist als die man in vielen Kathedralen jenseits der Alpen atmet.

Für die Liebhaber von Zahlen und genauen Angaben.

Der mailändische Dom misst in der Länge 158 m, in der Breite 93 m, in der Höhe am Kopf der Madonnina 108 m. Die Türmchen sind 135 an der Zahl, geschmückt mit 1537 Statuen. Von den « Terrassen » des Doms kann man an klaren Tagen die leuchtende Aussicht auf die Alpenkette geniessen bis zum Monte Rosa.