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Mantova Kultur uns Kunst in Mantova

 

 

 

 

 

KULTUR- UND KUNSTGESCHICHTLICHE HINWEISE

Bei einem kurzen Überblick über das Kulturgeschehen und das Kunstschaffen in der Stadt müssen wir einige wesentliche Umstände berücksichtigen, und vor allem den geographischen Raum, in dem sich Mantua befindet.

Wenn wir also von Kunstrichtungen wie der Romanik und der Gotik sprechen (die im Großteil Italiens in Erscheinung traten), so wird es richtiger sein, hier von lombardischer Romanik und lombardischer Gotik zu reden, denn auf örtlicher Ebene waren diese Stilrichtugen eben durch besondere Merkmale gekennzeichnet. In zweiter Linie müssen wir immer wieder auf den geschichtlichen Zeitabschnitt Bezug nehmen, und im spezifischen Fall auf die Regierungszeit der Gonzaga, denn unter ihrer Herrschaft wurden die Voraussetzungen für die Erweiterung und Verschönerung der Stadt geschaffen.

Schließlich müssen wir in Anbetracht der riesigen Zahl von Künstlern, die in Mantua wirkten, nur die wichtigsten Gestalten berücksichtigen, also diejenigen, die im Mittelpunkt der vorherrschenden Tendenzen standen und denen es gelang, besonders dauerhafte Zeugnisse der eigenen Kunst zu hinterlassen. Kunstgeschichtliche Spuren, die weiter als bis ins Mittelalter zurückreichen, sind in Mantua nicht gefunden worden. Wir haben schon erwähnt, daß keine Funde aus der Zeit der Etrusker gemacht wurden (und es gibt auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß sie in der Gegend siedelten): auch von Zeugnissen römischer Kultur und Zivilisation ist nichts vorhanden.

Von dem Kunstschaffen im Mittelalter und den verschiedenen Entwicklungsstufen zeugen hingegen Anlagen und Gebäude einiger Viertel Mantuas. Mittelalterlich sind nämlich die Plätze wie Piazza delle Erbe (Obst- und Gemüsemarkt), Piazza del Broletto und Piazza Sordello, und ebenso die sie umkränzenden Gebäude mit ihren Türmen, Häusern und Lauben. Wir erwähnen davon unter anderen den Komplex der Bonacolsi-Paläste, den Palazzo della Ragione und den des »Podesta« (Amtsbürgermeisters), die Rotonda von San Lorenzo und mehrere Kirchen.

Für die Malkunst finden wir überaus interessante Beispiele in den Gemälden von Tommaso da Modena und Stefano da Verona, ja selbst von dem erst jüngst wiederentdeckten Pisanello und anderen Meistern, die oft
unbekannt blieben, wie die Schöpfer der »Kriegerreihe« im Herzogspalast.
Viel länger und viel tiefer wirkten sich der Humanismus und die Renaissance aus, vielgestaltiger und vor allem viel aufgeschlossener für Einflüsse von außen. Nachdem die Herrschaft der Familie Gonzaga einmal gefestigt war, änderte sich vor allem das städtische Gefüge.

Gleichzeitig wurden aber auch die alten Paläste weitgehend umgestaltet und ausgeschmückt. Der großartige Herzogspalast wurde durch zahlreiche Meisterwerke bereichert, die Umgestaltung der einzelnen Baukörper ging unablässig weiter.

Leon Battista Alberti legt in Mantua Hand an die Kirchen des hl. Andreas und des hl. Sebastian; die eine ist eine neue klassische Synthese, er will der Antike wieder Geltung verschaffen. Zur gleichen Zeit wirkt aber auch Luca Fancelli und versucht, den Ansprüchen Ludwigs II. von Gonzaga gerecht zu werden, der die Stadt erneuern und ordnen wollte und sich deshalb an die Regeln des Humanismus' und der Renaissance hielt, wie sie sich bereits in der Toskana durchgesetzt hatte.

In der Malkunst ist es Andrea Mantegna, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. ein Meisterwerk, nämlich die »Ehekammer« schafft. Die Kunst der Renaissance hat ihren Höhepunkt erreicht, und Mantua erlebt eine überaus fruchtbare, glückliche Zeit, so daß es unter die vornehmsten Kunststädte eingereiht werden kann.

Im 16. Jahrhundert entfalten sich alle Kunstrichtungen weiter, die im Lauf der Zeit aufgetreten waren, das Kunstschaffen wird umfassender. Dichter und Denker bilden an den Höfen wahre Kulturzirkel.

Dem Ruf Isabellas von Este folgend, kommen berühmte Künstler nach Mantua, und die Gemächer ihrer Wohnung füllen sich mit den Meisterwerken der größten Künstler ihrer Zeit, ja sie werden zu einer wahren Kunstgalerie.

Der Sohn Isabellas, Herzog Friedrich II. aber war es, der Giulio Romano nach Mantua kommen ließ. Das war zu Beginn des 1 6. Jahrhunderts. Mantua erlebt viele Jahre lang sein unermüdliches Schaffen, das Stadtbild ändert sich von Grund auf. Er erbaut den Palazzo del Te, sein eigenes Wohnhaus, die Rustica, die Pescherie, den Dom, das Stadttor Porta della Cittadella und andere mehr.

In all diesen Werken geht Giulio Romano von der Klassik aus, aber er will sie vertiefen und erneuern, er will ihr nie dagewesene, oft ausgesprochen bühnenbildnerische Effekte abringen, und er legt damit Zeugnis ab von der Unrast, von dem Mangel an Befriedigung der ersten Künstler in der ausgehenden Renaissance, angesichts der Unmöglichkeit, eine heitere, unbeschwerte, eine vollkommene Umwelt zu schaffen.

Giulio Romano war auch Maler und zeichnete selbst für seine Schüler die Dekore für die Innenräume der Gebäude; so hinterließ er eine stattliche Anzahl Werke, die sich noch für lange Zeit auf die Geschmacksbildung und auf die Schöpfungen anderer Künstler auswirkten.

Von den weiteren Architekten, die in demselben Zeitabschnitt in Mantua wirken, vergesse man nicht Bertani (er legt Hand an die Kirche zur hl. Barbara, an den Hof »Cortile della Mostra«, und versucht sich bei diesen wie auch bei anderen Bauwerken in neuartigen architektonischen Lösungen), dann Viani, der an den Kirchen Sant'Orsola und San Maurizio arbeitet, einige Säle des Herzogspalstes, der Residenz der Gonzaga, des Bischöflichen Gebäudes gestaltet und auch als Maler in mehr als einem Raum vertreten ist.

Auf dem Gebiet der Malerei geben sich außer dem bereits erwähnten Giulio Romano viele andere Künstler zu schaffen, um die Gemächer der vielen Paläste oder auch die Kapellen der Kirchen mit Fresken zu schmücken: wir erwähnen von diesen Meistern Lorenzo Costa den Jüngeren, Domenico Fetti, Meister Bedoli; aber es waren noch viele andere, die in der Stilrichtung der ausgehenden Renaissance malten: Kontraste von Hell und Dunkel, neue Empfindungen und Wirkungen, auch schon Anzeichen für einen Bruch mit dem Herkömmlichen, der den Weg dem Barock ebnet.

Im 17. Jahrhundert entstehen in Mantua einige barocke Gebäude, wie der schon erwähnte Gonzaga-Palast Vianis und der Palazzo Sordi mit den ihnen eigenen Dekoren. Die meisten Bauwerke stammen aber aus dem 18. Jahrhundert, so die Kirche der hl. Barbara, das Stadttheater, das Gebäude der Akademie; auch wird der große Vergil-Platz ausgebaut.

Am Werk sind Künstler wie Bibiena, Piermartini, Dal Pozzo, die sich an die Formen des Neoklassizismus' halten, auch wenn aus jedem ihrer Werke das Bedürfnis spricht, den eigenen Geschmack zum Ausdruck zu bringen.

Der kunsthistorische Überblick, den wir geben wollten, wird wohl nicht ausreichen, die vielfältigen Aspekte des Kunstschaffens in Mantua gründlich auszuleuchten, aber er mag nützlich sein, um während der Stadtbesichtigung die Zeitabschnitte zu erkennen, in denen Mantua entstand und sich entfaltete, und um die verschiedenen Stufen seiner Entwicklung in einen logischen Zusammenhang zu bringen.