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Padua Rundgänge durch Padua

 

 

 

 

 

     
Padua
  Rundgang 6  
     
     

VI. RUNDGANG

DIE RIVIERA DEL BRENTA
PORTA DEL PORTELLO
NOVENTA PADOVANA
STRA
FIESSO D'ARTICO
DOLO
MIRA
FUSINA

Die heutige Fahrt in die Umgebung führt in den Osten der Stadt längs des Piovego und des Brenta, deren Ufer früher reich an belaubten Bäumen waren. Es ist ein Weg höchsten landschaftlichen und künstlerischen Interesses.

Mit Genuß kann ihn nur der zurücklegen, der bedacht einherschreitet und seine Freude daran hat, Auge und Geist in der Betrachtung von schönen Dingen ausruhen zu lassen.

PORTA DEL PORTELLO
Der Rundgang beginnt bei der Porta Venezia, genannt del Portello nach dem kleinen Hafen für Boote nach Venedig. Der alte Hafen von Venedig wurde von der Gemeinde Padua im 12. und 13. Jahrhundert außerhalb der Porta Ognissanti (Allerheiligentor) an einer natürlichen großen Schleife des Piovego angelegt.

Als aber in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die alte Porta Ognissanti zugemauert wurde, verlegten die Venezianer den Flußhafen für die Lagune von Venedig in die Nähe des neuen Tores (1518). Die Porta del Portello ist das schönste aller venezianischen Tore von Padua, vor allem wegen seiner äußeren Gestaltung in Form eines Triumphbogens. Es ist das Werk des Bergamaskers Guglielmo Grizi d'Alzano.

An der Außenseite des Tores war ursprünglich eine Hebebrücke aus Holz. Die gegenwärtige Steinbrücke von vier Bögen wurde 1784 errichtet. Sehr schön ist vor allem die Spiegelung der Brückenbogen im fließenden Wasser. Nahe der Brücke sieht man zur Rechten eine kleine kuppelgeschmückte Kapelle (1790).

RIVIERA DEL BRENTA
Der »BrentakanaU (von Strä nach Fusina) war durch Jahr-' hunderte der bequemste und wirtschaftlichste Weg zwischen Padua und Venedig. In den »guten alten Zeiten« wurde der Kanal von Schiffen aller Art befahren: vom Ruderboot und dem flachen, von Pferden gezogenen Frachtkahn bis zu der mit einem Dach überwölbten »Paduanerbarke«, einem für das Volk bestimmten Verkehrsmittel zwischen beiden Städten, und bis zum Burchiello, dem auf dem Wasserweg verkehrenden Postfahrzeug der Reichen.

Den Burchiello, der in Padua am Portello anlegte, besang Carlo Goldoni, der geistvollste Interpret der venezianischen Kultur des Settecento, mit folgenden fröhlichen Versen: »... ein äußerst liebliches Schiff, mit Spiegeln, Schnitzereien und Bildern geschmückt, das alle zwanzig Minuten eine Meile weiter kommt.

Es war von sanften Pferden gezogen. Ein bequemes und reizvolles Fahrzeug, in dem man auf dem Brenta angenehm reist, im Winter gegen die Kälte und im Sommer gegen die Hitze geschützt«. »Freundschaft schließt man mit diesem und jenem« — fährt Goldoni fort — »der Neugierde gibt man freien Raum, mit Genuß kommt man von Ort zu Ort und für die lange Reise gibt man nur wenig aus ...«

Riviera del Brenta: zu beiden Ufern des friedlichen Kanals erheben sich zwischen schattenspendenden Bäumen wunderschöne Trauerweiden und an den angrenzenden grünen Ufern Patriziersitze, deren offene Fassaden, ähnlich wie die Paläste am Canal Grande, gegen den Kanal gerichtet sind. Da und dort erheben sich zwischen den Villen und ihren Wirtschaftsgebäuden (für die Ernteeinbringung) einfache kleine Häuser, die von Bauern, Fischern oder Schiffsleuten bewohnt werden.

Alle zusammen »un piccolo mondo antico« (eine kleine alte Welt), die mit lachendem Gesicht, aber umschleiert von Schwermut Bilder einer verstrichenen Zeit beschwört.

NOVENTA PADOVANA
Erstes Ziel des heutigen Rundganges ist Noventa, im Mittelalter Wald und Jagdreserve des Bischofs, heute Industriezone und Satellitenstadt von Padua.

In Noventa angekommen erblickt man links der Straße sofort die Villa Giovanelli aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, heute ein Waisenheim. Ihre besondere Eigenheit ist eine erhöhte fünfeckige Vorhalle mit korinthischen Säulen, die von Kriegerstatuen gekrönt sind.

Seit dem Jahre 1738 steigt man auf einer Monumentaltreppe, die mit ländlichen Statuen von Giorgio Massari geschmückt ist, zur Vorhalle hinan. Der weiße Bau der Villa, die heute ihren ursprünglichen Park verloren hat, spiegelt sich in den Fluten des Piovego, eines Kanals, den die Paduaner im 12. Jahrhundert angelegt haben, um den Schiffsweg vom Hafen Ognissanti nach Strä abzukürzen.

Nach Stra fährt man heute auf der Staatsstraße Padua—Venedig, die mit Noventa verbunden ist.

STRA
Strä (vom lateinischen Strata = Straße) war wahrscheinlich eine römische Poststation auf der sehr belebten Straße von Patavium-Medoacus, dem bedeutendsten den Paduanern gehörigen Lagunenhafen.

In Stra existieren noch heute, wohlerhalten, zwei der schönsten und typischen venezianischen Villen, die der Erholung und Belustigung gewidmet waren: Die Villa Pisani und die Villa Barbariga.

DIE VILLA PISANI
heute Staatseigentum, ist die majestätischste und vornehmste der venezianischen Villen, würdige Festlandresidenz des Dogen Alvise Pisani (1735).

Der ursprüngliche Plan stammte von Girolamo Frigimelica. Nach dem Tode des Architekten (November 1732) wurde der Bau nach Zeichnungen von fr. M. Preti aus Castelfranco, eines Künstlers moderner Tendenzen, die auf das entstehende neoklassizistische Empfinden Bedacht nahmen, zu Ende geführt.

Neuklassisch ist tatsächlich der Mitteltrakt des majestätischen Bauwerks, dessen Eingang von herkulischen Telamoniden (Gesimsträger nach der Art von Atlas) bewacht wird. Die Flügel des Villenpalastes sind hingegen von bewegterer Linienführung im Sinne des Projektes von Frigimelica, dessen Stil man im Gartenportal mit Aussichtsloggia wie auch in den monumentalen Stallungen erkennt, die auf der Rückseite hinter einer im 19. Jahrhundert von einem Fischteich unterbrochenen ausgedehnten Wiesenfläche untergebracht sind.

Von Frigimelica stammt auch der Plan der Säulenhalle mit der Orangerie und vor allem jener des sehr berühmten Labyrints. Längs des heutigen Weges ist die Umfassungsmauer von prächtigen Barockportalen unterbrochen, wobei sich die kostbaren Spitzen der Gitter in den vom Sonnenuntergang golden verfärbten Gewässern des Brenta spiegeln.

Das Innere der Villa ist heute nacktem Schweigen überantwortet, vom Atrium aus ist aber das Auge sofort von dem fernen Anblick der Wiese, des Fischteiches sowie des Aussichtsportales angezogen.

Links vom Haupteingang führen die Rampen der großen Freitreppe zum Obergeschoß ernpor: Man müßte sich Napoleon Bonaparte vorstellen, wie er hier mit der sterbenden und doch so schönen venezianischen Welt in Verbindung tritt.

Im Obergeschoß finden hintereinander mit jeweils wechselnden Effekten 114 größere und kleinere Gemächer Raum, die entweder nach dem Amte, für das sie bestimmt waren, oder nach dem Sujet des Wandschmuckes benannt sind.

Es ist eine wahre Fülle von Fresken und Bildern (Celesti, Guarana, Zais, Zuccarelli u. a.) sowie von Möbeln, Ausstattungsstücken, Lampen, Spiegeln und schmiedeeisernen Arbeiten unschätzbaren Wertes.

Der schönste und berühmteste Raum ist der Ballsaal, der in der Höhe zwei Geschosse einnimmt, so daß oben auf der Galerie die Musiker des Orchesters Platz fanden.

Die Decke trägt das Fresko »Der Ruhm des Hauses Pisani«, letzte italienische Arbeit von G. B. Tiepolo (1761/62): eine einfallsreiche Komposition gekonntester himmlischer Perspektive, Talent und Ruhm fliegen durch die Lüfte und verlieren sich im silbernen Nebel des endlosen Himmels. Unten blik-ken die Pisani der fernen und nahen Jahrhunderte auf die Tugenden ihres Stammes, aber auch auf die Dämonen des Übels.

Am rechten Ufer des Brenta verbirgt sich hinter einem schützenden grünen Vorhang die »Barbariga«. In ihrer horizontalen Längsstreckung wie die Ebene und der Fluß, zu denen sie gehört: »schwermütig, wie wenn sie ständig in Nebel eingehüllt wäre« (Mazzotti).

Der aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammende Mitteltrakt ragt mit einem kleinen volutengeschmückten Tym-panon in die Höhe. Die langen Seitenflügel, die später dazugekommen sind, führen weit in die Ferne hinaus. Bewegter durch Fenster und Loggien ist die nach Südwesten gerichtete innere Front. Hier konnten im späten Herbst die Herren, gegen Nebel und rieselnden Regen geschützt, mit ihren Freunden leichthin und in gutmütiger Ironie die philosophischen und sozialen Neuigkeiten aus der Lombardei und aus Frankreich erörtern.

Die raffinierten Stuckdekorationen der kleinen Innenräume inspirierten sich von noch ferneren Welten her (Chinoiserie).

Weiter vorne stößt man, der doppelten Schleife des Flusses folgend, im Orte Barbariga der Siedlung Fiesso d'Artico (flexum = Schleife) auf die

VILLA SORANZA
ein typisch venezianisches Landhaus des Cinquecento, dem das 18. Jahrhundert als Kaprize eine hohe Dachluke mit verworrenen Voluten auf der Seite hinzugefügt hat.

Das Atrium im Erdgeschoß und der Saal im Obergeschoß vereinen untereinander die beiden Fassaden der Villa und gestatten so, vom Inneren aus den Anblick des Flusses und des umliegenden Landes zu genießen. Es ist dies eine besondere Eigenheit aller venezianischen Häuser, ob in der Stadt oder auf dem offenen Lande.

Die Innendekoration der Villa Soranza ist zwar stark verblichen, doch kann man noch immer drei Kamine von Alessandro Vittoria bewundern. An der Außenfront sind zwischen den neun Fenstern noch Spuren der Freskodekoration erhalten. Dieser Wandschmuck wird Benedetto Caliari zugeschrieben.

DOLO
Östlich von Fiesso d'Artico bleibt die große Gemeinde Dolo, ein wichtiges Handels- und Industriezentrum auch noch unter der Markusrepublik. Hier war eine Station, in welcher die Pferde, welche die Schiffe zogen, gewechselt wurden.

Dolo war außer Pferdewechselstation auch das Getreidemagazin von Venedig. Von den Festlandsbesitzungen wurde das Getreide zu den Mühlen von Dolo gebracht und hier wurden Getreide und Mehl in eigenen Schuppen (»barchesse«) verwahrt.

Zwischen Dolo und Mira waren die Klausen untergebracht, die für die Schiffahrt stromaufwärts benötigt wurden. In Mira, einem modernen Industriezentrum (Kerzen, Seife), kann man längs der Straße nach dem nahen Orte Oriago, in dessen Nähe Dantes Jacopo del Cassero in den Sümpfen getötet wurde, die schönen, noch erhaltenen Wirtschaftsgebäude der zerstörten Villa Valmarana jenseits des Flusses beobachten.

Die Rundfahrt nähert sich nun ihrem Ende und kurz vor Fusina, der letzten Flußstation des Burchiello, bevor er in die Lagune einfährt, zeigt sich am rechten Ufer des Brenta zwischen den lang herabhängenden Zweigen eines Waldes von Trauerweiden die Villa Foscari.

MALCONTENTA,
die romantischste und klassischste Villa der Riviera del Brenta.

Nicolo und Luigi Foscari ließen in den Jahren 1550—1560 nach einem Plane von Andrea Palladio ihre Residenz am Flusse bauen oder wiedererbauen.

Es ist eine »Tempelvilla« wie die Rotonda in Vicenza, der sie heute stark gleicht, nachdem sie ihrer früherer Seitenflügel beraubt worden ist. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts war sie in elendstem Zustande, als sie von Landsberg, einem reichen Südamerikaner, erworben wurde, der mit Verständnis und Liebe die Restaurierung vornahm.

Die Fassaden mit jonischer Vorhalle sind »um elf Fuß« erhöht, so daß im unteren Erdgeschoß alle Diensträume Platz fanden. Die Gemächer und Säle des ersten Stockes sind alle mit Kuppeln und vollen Kreuzgewölben überwölbt. Ähnlich Zwischenstockräumen sind die Zimmer des oberen Stockwerkes, die nur »acht Fuß« hoch sind (Palladio).

Auf dem unheilvollen Blass des 19. Jahrhunderts blühen, wie aus langem Traum geweckt, allmählich die wunderschönen Freskodekorationen des Obergeschosses auf, vor allem im kreuzförmigen Mittelsaal, die von Battista Zelotti stammen, der die Nachfolge G. B. Franco (f 1561) antrat und sich des Beispieles des Guido Romano im Palazzo del Te in Mantua erinnerte.

Voll Eingebung und von strahlender Farbgebung ist der Zelotti, der in der »Malcontenta« eines seiner hervorragendsten Werke hinterlassen hat. Unter den Figuren des Zelotti verdient die »Malcontenta«, einmaliges Bildnis einer Dame mit mürrischem Gesicht, besondere Beachtung.

Die Legende leitet den Namen der Villa der Foscari von einer adeligen Dame ab, die von ihrem eifersüchtigen Gemahl hierher verbannt wurde. Eine andere Version spricht von einem Mädchen aus adeligem Hause, das sich in einen niedrigen Pagen verliebte. Der Ort wurde aber bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts Malcontenta genannt.

Nachdem die poetische Rundfahrt durch die Riviera del Brenta in der Malcontenta zu Ende gegangen ist, kehrt der Fremde in der Stunde der Dämmerung nach Padua zurück und genießt den Anblick der von der untergehenden Sonne vergoldeten Kuppeln und Türme der Stadt.

In der Ruhe der abendlichen Stunde erlebt er im Geiste noch einmal die vielen schönen Dinge, die er auf den inneren und äußeren Rundfahrten erlebt hat. Jedenfalls sei demjenigen, der nicht ein Gefangener der Zeit ist, auf jeden Fall geraten, den Aufenthalt in Padua noch ein wenig zu verlängern. So wird es ihm möglich sein, die Orte und Kunstwerke, die am meisten zu seinem Herz gesprochen haben, noch einmal zu sehen, aber auch andere verborgene Schätze der Stadt zu entdecken.

Eine schwere Unterlassung wäre ein Besuch in Padua, »La dotta« (der Gelehrtenstadt), ohne wenigstens eine ihrer berühmten Bibliotheken (Capitolare, Civica, del Seminario) besucht zu haben, die an seltenen Editionen, Manuskripten und Codices so reich sind.

Unter den hier verwahrten kostbarsten Preziosen sei für die dem Museum angeschlossene Biblioteca Civica der »Codice del Vergerio« erwähnt, der mit neun wunderschönen Bildnissen der Fürsten Da Carrara geschmückt ist, ebenso der »Codice Capodilista« mit Miniaturen gotisch-höfischen Stils, die für das Studium des 15. Jahrhunderts von höchstem Interesse sind.

Glanzstücke der Biblioteca Capitolare (der bischöflichen Kurie) sind das Evangelienbuch von Isidoro (1170) und das Epistolarium des Giovanni da Gaibana (1259).

Wer es aber vorzieht, sich beim Rundgang nicht an einen bestimmten Plan zu halten, möge sich raten lassen, kreuz und quer durch die Straßen des historischen Stadtzentrums zu wandeln: die Riviera Albertino Mussato zwischen den alten Gemeindemauern und dem Bacchiglione (zwischen den Spitzbogenbrücken San Leonardo und San Agostino) und die Riviera Paleocapa längs des Westufers des Flusses (von der Brücke dei Tadi zur Brücke Paleocapa gegen die Sternwarte) üben wegen des Schweigens und der Erinnerung an ferne Dinge besonderen Zauber aus.

Von der Sternwarte gehe man ostwärts längs des Naviglio hinauf: die Riviera Tiso da Camposampiero und ihre kleinen Seitengassen haben sich ihren typischen mittelalterlichen Anblick erhalten.

Man kann aber auch einen vollständigen äußeren Rundgang um die venezianischen Basteien von Padua machen und dabei beobachten, wie die Renaissance selbst in militärischen Anlagen schöne Baulinien liebte.