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Rimini Malatesti in Rimini

 

 

 

 

 

     
Rimini
  Die Malatesti  
     
     


Man braucht kein besonders aufmerksamer Reisender zu sein, um in der Lombardei und dem Veneto, in der Emilia und den Marken, und natürlich vor allem in der Romagna auf malatestianische Zeugnisse zu stoßen.

Wer Museen besucht, wird auch weiter entfernt noch Kunstwerke finden, die sich dem Mäzenatentum der Malatesti verdanken, und nicht nur in Italien, sondern ein wenig überall, auf dem alten und dem neuen Kontinent.

Tatsache ist, dass gegen Ende des Mittelalters die malatestianische Signoria zusammen mit der viscontischen und scaligerischen und mit Verzahnungen und Verwandtschaften bei den wesentlichen italienischen und ausländischen Höfen eine der größten der Halbinsel gewesen ist, die auch mäzenatische Ambitionen pflegte, welche mit denen der Este und Gonzaga, der Medici und Montefeltro durchaus wetteiferten.

Eine Signoria, die innerhalb der päpstlichen Herrschaftsgebiete entstanden war, von daher häufig den politischen und ökonomischen Interessen des Papsttums zuwider lief und quasi drei Jahrhunderte andauerte: erdrosselt in der zweiten Hälfte des 15. Jhs. durch die unnachgiebige Opposition eben genau des Papsttums, das daran interessiert war, Ordnung zu schaffen und wieder Ruhe in seine Herrschaftsgebiete zu bringen.

Wahrscheinlich ist Malatesta ursprünglich nur ein simpler "Spitzname" gewesen, der - sicherlich nicht wohlwollend - eine besonders obstinate oder böse Persönlichkeit qualifizierte; dann wurde er zu einem echten Namen und auch so geläufig, dass man ihn der gesamten Familie beigab (im Singular oder im Plural: "die Malatestf): und tatsächlich war das auch ziemlich angemessen: denn während der Wechselfälle der malates-tianischen Geschichte kamen furchtbare Episoden (von oft unmenschlicher und bei klarem Verstand geplanter Grausamkeit) häufig genug vor, und sie waren gegen alle gerichtet - auch gegen enge und entferntere Verwandte -, die die Macht der vorherrschenden Gruppe gefährden konnten (oder tatsächlich gefährdeten).

Die Malatesti sind vor allem Soldaten gewesen, besser gesagt Kondottiere (Söldnerführer, Feldherren), wie dies ja auch ihr ältestes und wichtigstes Wappen deutlich macht: ein Schild mit drei karierten Schrägbalken, welches ganz klar aufs "Kriegsspiel" anspielt. Ihr politisches und ökonomisches Geschick war den Waffen anvertraut; der Krieg, vor allem der Söldnerkrieg (den man für andere führte) war eine große Einnahmequelle, unverzichtbar, sowohl um den jährlichen Tribut an die päpstlichen Kassen abführen zu können - wozu die Malatesti verpflichtet waren, insofern es sich bei ihnen um "Vicari" handelte (heute könnte man sagen: Mieter oder Konzessionäre)-, wie auch um den Erfordernissen eines stets größeren und gepflegteren Hofes nachzukommen, was natürlich Mäzenatentum beinhaltete, Aktivitäten, die jenseits der ernsthaften Liebe zur Kunst Repräsentations-, Prestige- und Propagandaerfordernissen geschuldet waren.

Also, die Malatesti sind vor allem Kondottiere gewesen; aber in der langen Geschichte der Familie trifft man häufig, speziell ab Mitte des 14. Jhs., auf Persönlichkeiten mit bemerkenswerten kulturellen Interessen und von einzigartigem kulturellen Format: zum Beispiel Pandolfo II aus dem pesareser Zweig, der die Literatur liebte und zu einem Freund Francesco Petrarcas wurde, welchen er 1361 am carrareser Hof in Padua kennen gelernt hatte; oder sein Sohn Malatesta, den man "den der Sonette" nannte.

Galeotto Malatesta hingegen, der Signore von Rimini, den man Malatesta Ungaro nannte, weil ihn Luigi l "il Grande", König von Ungarn, 1347 zum Ritter geschlagen hat, war ein abenteuerlustiger und wissensdurstiger Reisender: er begab sich ins Heilige Land und an die päpstliche Kurie von Avignon, später nach Frankreich, Flandern und England.

Der Onkel von Pandolfo II und Malatesta Ungaro, Galeotto, war berühmt für seine Waffenkunst und Weisheit: 1368 verlieh Urbano V ihm die Würde eines Senators von Rom; in erster Ehe (1323) hatte er Elise de la Villette geheiratet, Nichte (oder Enkelkind) des päpstlichen Gouverneurs der Mark, Amelio di Lautrec.

Auch sollte man Carlo Malatesta nicht vergessen, Riminis Signore von 1385 bis 1429, der eine beachtliche Rolle bei der Komposition des großen "abendländischen Schismas" spielte und den legitimen Papst, Gregorio XII, in Rimini beherbergte ("womit er der Stadt für einige Zeit nicht nur die Würde der Hauptstadt der malatestianischen Signoria gab, sondern die umsoviel ambitioniertere der Hauptstadt der katholischen Welt", wie dies der Historiker Gino Franceschini anmerkt).

Sein Bruder Pandolfo III, Signore von Brescia, Bergamo und Fano hat sich prächtige Bücher schreiben und ausschmücken und seine brescianer Residenz von Gentile da Fabriano dekorieren lassen (1414 - 1418). Praktisch überflüssig ist es schließlich, noch an das Mäzenatentum seiner Söhne Sigismondo und Malatesta Novelle zu erinnern, aus dem zwei große noch vorhandene Werke hervorgingen: der Tempio Malatestiano in ftimini und die Bibjioteca Malatestiana in Cesena.

In der Stadt - und vor allem an den malatestianischen Höfen - zirkulierte ab der Mitte des 14. Jhs. für mehr als hundert Jahre eine kosmopolitische, lebendige Kultur, die reichlich Zufluss und Umsetzung erkennen lässt.

Zu den Ursprüngen der Malatesti, zwischen Land und Stadt

Die Ursprünge der Malatesti hat man weder zeitlich noch räumlich in weiter Ferne zu suchen, wie dies hingegen die von ihren gelehrten Höflingen erfundenen und in Umlauf gesetzten schmeichlerischen Legenden glauben machen möchten.

Tatsächlich sind die frühesten Dokumente, in denen die Malatesti erwähnt werden, nicht älter, als aus dem 12. Jh., betreffen Landbesitz in der südlichen Romagna und übermitteln Anzeichen eines offenen Konfliktes mit der Gemeinde Rimini.

In der Substanz dürfte es sich bei der Malatesta-Familie um große Landbesitzer und Räuber gehandelt haben, die das mittlere Marecchia-Tal dominierten, die die von Rimini ins Binnenland führenden Straßen kontrollierten, wobei sie sich auf den Besitz zweier gut befestigter Orte stützten: Pennabilli und Verucchio, die sich auch heute noch um den Ruhm streiten, Geburtsort der Familie zu sein.

Mag sein, dass dem malatestianischen Geschick weder das Vertrauen und der Schutz der Erzbischöfe von Ravenna, die in der Romagna und den Marken viel Grundeigentum besaßen, fremd waren, noch die Freundschaft, Komplizenschaft und Verwandtschaft mit den wichtigsten romagnolischen Familien. Aber anfangs bestimmend war vielleicht dennoch eine weit zurück reichende Verwandtschaft mit der berühmtesten und mächtigsten Feudalfamilie der Zone: Carpegna.

Von den Carpegna scheinen im übrigen fast alle wichtigen Familien der feretraner und romagnolischen Höhenzüge abzustammen.

Ab einem bestimmten Punkt muss durch die Kontrolle des Gebietes und der Straßen, und das bedeutet: der Agrarproduktion und des Handels, der Druck der Malatesti auf Rimini so stark geworden sein, dass er die Ökonomie der Stadt in ernsthafte Gefahr brachte und zu einem offenen Krieg führte, der 1197 durch einen Reparationsvertrag mit Giovanni de Malatesta und seinem Neffen Malatesta minore zum Abschluss kam.

In der Folge setzte die rimineser Gemeinde eine ganze Reihe von Operationen in Gang, um die Interessen der Malatesti an das Schicksal der Stadt zu binden. So wurden die Malatesti zu Mitbürgern ernannt, dann hat man ihnen einen Sitz im Stadtrat zugestanden (1206), und schließlich lud man sie ein, ständig innerhalb der Stadtmauern zu wohnen; um "sie" zu diesem Schritt "zu zwingen" - den man für unverzichtbar hielt, um sie von ihren Machtzentren zu entfernen und kontrollieren zu können -, wurden sie von Steuern befreit und mit Darlehen finanziert (1216).

Ab den zwanziger Jahren des 13. Jhs. tauchen die Malatesti als wichtige Persönlichkeiten der Stadt auf, sie repräsentieren sie in amtlichen Verträgen und garantieren für sie, sie unterstützen die "gibellinische (antiklerikale A.d.Ü.)", das heißt die kaiserfreundliche Politik.

Von 1239 bis 1247 ist Malatesta della Penna, der 1228 Stadtvogt von Pistoia gewesen war, sogar Stadtvogt von Rimini. Der Weg zur Ausübung der absoluten Macht über die Stadt ist nun geöffnet. Im Laufe weniger
Auf der nebenstehenden Seite, Stammbaum der Malatesta, nach L. Nissim Rossi (1933).

9 Jahrzehnte bringen sich die Malatesti in den "Besitz" aller zivilen und religiösen Ämter, und nach und nach entmachten sie die städtischen Organe, ohne sie abzuschaffen, indem sie jeden, der ihre Vormacht bedrohen könnte, bekämpfen, jagen und umbringen.

Bei ihrer Ankunft in der Stadt konnten sich die Malatesta-Leute bezüglich Herkunft und Raffinement gewisslich nicht vergleichen mit den noblen rimineser Traditionsfamilien, wie den Omodel, den Gamberacem und den Porcitadi; es handelte sich um "neue" und rohe "Leute", die jedoch auf riesige Reichtümer und wichtige Stützen zählen konnten, welche das Ergebnis einer listigen Heiratspolitik und einer klugen Politik der Allianzen waren.

Außerdem konnten sie zählen auf die territoriale Kontrolle und eine ohne moralische Bedenken in absolut skrupelloser Weise ausgeübte Macht.

Aber, einmal an der Macht, versuchten sie, sich eine weit zurückliegende Abstammung und damit sehr alte Adelstitel zuzuschreiben. So ist es möglich, auf legendenhafte Erzählungen zu stoßen, die den Ursprung des Hauses beim großen Patriarchen Noah ansiedeln; oder bei Tarcone, einem mythischen trojanischen Helden, einem Vetter von Hektor und Äneas; oder bei Otto III, dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches; oder - auch noch - bei Scipio, genannt "der Afrikaner".

Dem Mythos dieses Letztgenannten war besonders Sigismondo Pandolfo zugetan, der berühmteste der Malatesti, ein tapferer Kondottiere und Schutzherr von Schriftstellern und Künstlern, Signore Riminis in den Jahren 1432 bis 1468.

Damen und Edelmänner

Es scheint, dass der erste Adelstitel der Malatesti Kaiser Friedrich II von Schwaben geschuldet ist, der 1220 und 1226 in Rimini war; er persönlich schlug Malatesta della Penna zum Ritter, dessen Sohn Malatesta da Verucchio, wegen seines langen Lebens (1212 - 1312) auch der Hundertjährige genannt, dann die Basis für die tatsächliche und offizielle Macht über die Stadt und ihr gesamtes Gebiet legte: zunächst, indem er Concordia dei Pandolfini heiratete (die Tochter des kaiserlichen Landvogtes Messer Arrighetto oder Enrichetto), die eine reiche Mitgift von Besitztümern in der südlichen Romagna mitbrachte, und dann, weil er sofort nach der Niederlage Friedrichs II bei Parma (1248) die kaiserliche Partei verließ, um sich der päpstlichen Sache zu verpflichten: ein Seitenwechsel, der 1266 durch eine neue Heirat unterstrichen wurde; dieses Mal mit der reichen Nichte des Statthalters und apostolischen Legaten der Marken und des Herzogtums Spoleto.

Die für die Malatesti und Rimini kennzeichnende Tradition des "Guelfismo (klerikale Politik, A.d.U.)", die den "gibellinischen Flüchtling" Dante Alighieri so sehr entrüstete, fängt mit ihm an; mit ihm und mit seinen Söhnen scheint auch die Tradition entsetzlichen Verrats und grausamer Verbrechen zu gipfeln, die für viele Jahrzehnte - in einem Gesamtbild von Auseinandersetzungen zwischen Papst- und Kaisertum und konfusen lokalen Rivalitäten - den Kampf zum Anwachsen oder zur Verteidigung der Familienmacht kennzeichnete und die eben genau im gibellinischen Dante einen ebenso präzisen wie aufrührerischen Ankläger und Propagandisten gefunden hat.

Mit wenigen berühmten Versen hat Dante die rimineser und malatestianische Situation am Anfang des 14. Jhs. wirkungsvoll umrissen: und aus Verucchio auch die beiden Hunde, die mit Montagna böse erst verfahren, bohren die Zähne in die alten Wunden (Die Hölle, Siebenundzwanzigster Gesang, Verse 40 - 57; zitiert nach Hermann Gmeliens Übersetzung bei Reclam).

Wie man gut weiß, sind die beiden Hunde Malatesta da Verucchio und Malatestino dall'occhio und Montagna der alte Parcitadi, aus dem Uradel Riminis, ein Anführer der lokalen Gibellinen, der zum Gefangenen gemacht und 1295 hingeschlachtet wird.

Malatestino dall'occhio (so genannt, weil halbblind) wird von Dante schändlicher Tyrann genannt; er erinnert an ihn als jenen Verräter mit dem einen Auge und legt ihm die Ermordung der beiden Herren von Fano, lacopo del Cassero und Agnolello da Carignano zur Last (Die Hölle, Achtundzwanzigster Gesang, Verse 76 -90).

Dieses Verbrechen bahnte die Straße zur malatestianischen Inbesitznahme Fanos und eines guten Teils der Marken.

Das Leben der Malatesta-Familienangehörigen war vollständig der Politik unterworfen; nur die "Staatsraison" also regelte auch die Ehen (wovon Allianzen und das Anwachsen des Reichtums und der Macht abhingen), die - natürlich - oft scheiterten. Für die Männer der Familie war dies kein Problem: tatsächlich war für sie die Untreue quasi die Regel; die mehr oder weniger offiziellen Geliebten waren respektiert, und sie organisierten sich ihren Hof, während die unehelichen Kinder als ein potentieller Reichtum der Familie angesehen und häufig legalisiert wurden: auch Galeotto Roberto, Sigismondo und Domenico Malatesta zum Beispiel waren außereheliche Kinder (von Pandolfo III).

Aber für Frauen war die Situation ziemlich anders. Alle werden sich an den "Fall Francesca" erinnern. Wiederum war es Dante, und nur er, der von der Liebe zwischen den verschwägerten Paolo dem Schönen und Francesca da Polente und von dem tragischen Ende beider durch die Hand des betrogenen Ehemanns Gianciotto (Giovanni "ciotto", d.h. hüftlahm) berichtet; im Fünften Gesang der Holte.

Gianciotto und Paolo waren Brüder, und Söhne jenes Malatesta, den Dante "Mastin vecchio" genannt hat. Die Ehe zwischen Gianciotto und Francesca war Teil eines gut vorbereiteten Verwandtschaftsplans zwischen den Polentani und den Malatesti gewesen, der die Herrschaft in der Romagna kräftigen sollte.

Die Tragödie, wenn es sie denn wirklich gegeben hat, muss in den Jahren 1283 und 1284 in Rimini in den malatestianischen Häusern angesiedelt werden (aber der Ort des Treuebruchs und des Verbrechens zu sein, wird auch von Gradara, Pesaro und Santarcangelo beansprucht).

Was mit Francesca geschah, war nicht das einzige "Gefühls-Missgeschick", das den malatestianischen Damen widerfuhr, die sich in vielen Fällen als Rebellinnen gegen das von der Familienpolitik (und der geläufigen Moral) geforderte Verhalten erwiesen haben: es wird genügen, nur kurz an den berühmten Fall der Parisina Malatesta zu erinnern, die ihr Ehemann Nicolö d'Este 1425 in Ferrara enthaupten ließ, weil sie zur Geliebten des Stiefsohns Ugo geworden war; oder an die Frau von Andrea Malatesta, Kengarda Alidosi, die man wegen Untreue verstieß und die 1401 von ihren Brüdern umgebracht wurde.

Aber diesen "abwegigen" Frauenfiguren stellt die Geschichte der Familie viele andere von großer Tugendhaftigkeit und großem Mut entgegen: Polentesia da Polenta, Frau von Malatestino Novelle, die 1326 den Ehemann vor einer Verwandtenverschwörung rettete.

Gentile Malatesta, Witwe von Galeazzo Manfredi, die Faenza für die Söhne regierte und es 1424 im Kampf gegen Florenz verteidigte; die weise Elisabetta Gonzogo, Frau von Carlo Malatesta, die die Neffen Galeotto Roberto, Sigismondo und Domenico (Malatesta Novello) aufzog; oder die schöne Isotta degli Atti, Geliebte und später Frau von Sigismondo, die Anregerin eines äußerst feinen Hofes; oder schließlich die wohltätige Annalena Malatesta, die nach der Tötung des Ehemannes Baldaccio d'Anghiari (1441) ihr Hab und Gut den Armen zur Verfügung stellte und ihr florentiner Haus allen hilfs- und asylbedürftigen Frauen öffnete.