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Rimini Malatesti in Rimini

 

 

 

 

 

     
Rimini
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Rimini, eine Hauptstadt für den Staat

Nachdem Malatesta der Hundertjährige, sowie seine Söhne und seine Enkel ihre Herrschaft in der Romagna in Auseinandersetzungen mit den päpstlichen Statthaltern gefestigt hatten, haben sie sie auch in den Marken bis nach Ascoli Piceno und in der Toskana bis nach Borgo San Sepolcro ausgeweitet.

Lange Zeit verlangten sie - ergebnislos - vom Papst eine offizielle Belehnung dieser Lande, die der Kirche gehörten und die sie ohne anderes Recht als das der Gewalt okkupiert hatten.

Erst 1355 wurden sie zu Vögten in temporalibus über die Städte und Territorien Rimini, Pesaro, Fano und Fossombrone nominiert, und zwar gegen eine jährliche Zahlung von 6.000 Florentiner Talern, einen Beitrag an Männern für die Truppen des päpstlichen Statthalters (Kardinal Egidio Albornoz) und die vertragliche Zusicherung, dass sie die südlichen Marken "zurückgeben" würden.

Überall in diesem Gebiet von beachtlichem Ausmaß - einem echten Staat, der innerhalb des Kirchenstaates geschaffen worden war - erbauten die Malatcsti befestigte Orte und Burgen, die es gegen interne und äußere Feinde verteidigen konnten, und sie organisierten ein stabiles System militärischen Schutzes, was zur Verteidigung der generell unsicheren und provisorischen Grenzen, die von mächtigen Nachbarn stets infrage gestellt wurden, lebenswichtig war.

Vor allem drei Städte wurden mit wirksamen Verteidigungsanlagen, großen Residenzen und effizienten Kanzleien versehen und so ausgerüstet, dass sie die Funktionen einer Hauptstadt erledigen konnten: Rimini, Cesena und Pesaro.

Was alle drei auch geworden sind; unterschiedlichen Zweigen der Malatesta-Familie anvertraut, die manchmal friedlich nebeneinander lebten, oft aber im Widerstreit lagen, sich angriffen und sich ohne Skrupel gegenseitig verrieten.

Die strahlendste der malatestianischen Hauptstädte und die, die als solche am längsten währte, ist Rimini gewesen: wir können sagen, dass die malatestianischen Geschicke zum größten und besten Teil in dieser Stadt begonnen und geendet haben. Gegenwärtig sind die Zeichen der malatestianischen Herrschaft in Rimini nicht sehr augenfällig.

Vor allem hat man sie in den mittelalterlichen Stadtmauern zu suchen, die umgebaut und restauriert, dann niedriger gemacht und schließlich ihrer Gräben beraubt und teilweise zerstört worden sind.

Gewiss hatte die Stadtgemeinde schon seit dem 12. Jh. für einen Verteidigungsgürtel gesorgt, dessen Verstärkung Kaiser Friedrich veranlasst hat; aber seine Vervollständigung erfolgte erst unter den Malatesti, die teilweise sogar die Stadtviertel ummauern ließen.

Die best erhaltenen Teile der mittelalterlichen Mauer befinden sich im Süden und Osten des historischen Zentrums; man kann sie von der Via di Circonvallazione und dem Parco Cervi her sehen; unterbrochen sind sie in Höhe des Augustus-Torbogens, des antiken östlichen Stadtportals, das im Jahr 27 v. u. Z. zu Ehren des Kaisers Augustus, der die wichtigsten Straßen Italiens pflastern ließ, umgebaut und verschönert worden war; so tat dies die Inschrift auf der Attika kund, die jetzt durch Zinnen ersetzt ist.

Hier gelangt die von Rom kommende Via Flaminia an ihr Ende. Vor den Augustus-Torbogen hatte man im Mittelalter ein großes Tor gesetzt, das, wie alle anderen, mit Ausnahme der jetzt halb begrabenen "Porta Galliana" zerstört worden ist.

Letzteres wird auch "L.'arco di Francesca". der Francesca-Torbogen genannt. Es befindet sich in der Nähe des Hafens, dessen Verlauf immer noch so ist, wie er am Anfang des 15. Jhs. durch eine deutlich modifizierte Mündung des Marecchia-Flusses von Carlo Malatesta erbaut worden ist; seinerzeit lag das Meer sehr viel näher und reichte in Höhe der jetzigen Eisenbahnbrücke bis vor den Francesca-Torbogen.

Jenseits des Hafens und damit des Flusses, den man auf der nahen Tiberius-Brücke überquert (einer der großartigsten und best konservierten der Römerzeit: 14 - 21 n. u. Z.), befindet sich das Stadtviertel San Giuliano, dessen Anlage mittelalterliche Züge aufweist; es wird dominiert von der wichtigen Kirche San Giuliano, vormals eine im 16. Jh. erneuerte, San Pietro gewidmete Benediktiner-Abtei (am Hauptaltar befindet sich eines der letzten Meisterwerke Paolo Veroneses aus dem Jahr 1587, welches das Martyrium von San Giuliano darstellt).

Die Meerseite dieses Viertels, vormals ein Jagdreservat der Malatesti ("Hirschgarten"), wird durch eine Mauer und Wachtürme aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. verteidigt, die vielleicht Roberto Malatesta geschuldet sind.

Eine indirekte aber doch überzeugende Spur der Aktivitäten der Malatesti war durch die zahlreichen Klöster und Kirchen der religiösen Orden gegeben: Augustiner, Franziskaner, Dominikaner, Humiliaten, Servilen kamen mit Hilfe der Malatesti in die Stadt.

Aber die einzige rimineser Kirche, die mit deutlichen mittelalterlichen Strukturen überlebt hat, ist San Giovanni Evangelista, vormals die der Eremiten des Sant'Agostino (die deshalb auch Sant'Agostino genannt wird), deren Kennzeichen ein hoher gotischer Glockenturm ist.

In der Apsis und in der Glockenturmkapelle kann man immer noch Fresken aus dem frühen 14. Ih. bewundern, die von unbekannten rimineser Malern stammen (wahrscheinlich den Brüdern Zangolo, Giovanni und Giuliano da Kimini): sie stellen Christus und die erhabene Jungfrau und außerdem die Geschichten von San Giovanni Evangelista und der Jungfrau dar.

Hier wird auch ein herrliches, auf Holz gemaltes Kruzifix aufbewahrt, während sich ein großes jüngstes Gericht, ursprünglich ein Fresko auf dem Triumphbogen, zusammen mit weiteren Werken aus demselben Zeitraum im Siadtmuseum befindet.

In der ersten Hälfte des 14. Jhs. hat sich in Rimini eine Mal-"Schule" herausgebildet, die sich durch eine frühe Wertschätzung der Kunstauffassung Giottos auszeichnet.

Ihre Originalität besteht im Gebrauch einer zarten, sanften Farbgebung byzantinischer Tradition, die mit einer zum Lyrismus neigenden Erzählweise überein geht, aber nicht frei ist von scharfen naturalistischen Beobachtungen; auch ikonografische Extravaganzen sind ihr nicht fremd und demonstrieren die Ungezwungenheit, mit der diese Künstler die Subjekte der Tradition aufgegriffen, und die Geistesfreiheit, mit der sie die giottischen Innovationen akzeptiert haben.

Die "Rimineser Schule" ist in der ersten Hälfte des 14. Jhs. in der Romagna, den Marken, der Emilia und Venetien sehr aktiv gewesen; generell in den Gebieten, in denen die Malatesti präsent waren oder wo deren Einfluss spürbar war.

Man hat versucht, die Beauftragung Giottos zur malerischen Ausschmückung der rimineser Franziskanerkirche am Ende des 13. oder in den ersten Jahren des 14. Jhs., wovon nur noch ein großes, sehr humanes Kruzifix erhalten ist, den Malatesti zuzuschreiben (die Kirche ist natürlich San Francesco gewidmet; sie wird Tempio Malatestiano genannt und seit Beginn des 19. Jhs. ist sie die Kathedrale der Stadt).

Die rimineser Aktivität Giottos auf einen direkten Auftrag der Malatesti zu beziehen, mag gewagt erscheinen; vielleicht aber doch nicht sehr, wenn man bedenkt, dass der Bereich, in dem der toskanische Maler sich bewegte, genau die großen Höfe und die großen guelfischen Familien waren, die sich der römische Kurie verbunden hatten, den Angioinie und Francescani, genau wie die Malatesti.

In Rimini hatten die Malatesta viele Immobilienerwerbungen getätigt, und zwischen dem 13 und 14. Jh. hatten sie die ihnen von der Gemeinde angebotenen Häuser vergrößert; sie lagen in strategischer Position, nahe der Kathedrale und am "Del Gattolo"-Tor, das zum Binnenland und zu ihren historischen Besitztümern ins Marecchia-Tal hinaus führte.

In seinem Testament (1311) nennt Malatesta der Hundertjährige dieses Haus palatlum magnum, und er lässt uns wissen, dass es mit einer Curia ausgestattet war, was bedeutet, mit einem Saal für Audienzen. Es ist teilweise zerstört und teilweise in das Kastell einverleibt worden, das in der ersten Hälfte des 15. Jhs. von Sigismondo Pandolfo Malatesta erbaut worden ist.

Quasi alle großen Gebäude aus den ersten Jahren der malatestianischen Präsenz und Herrschaft sind verschwunden oder radikal umgebaut worden. Auch die antike Kathedrale Santa Colomba ist zerstört worden (gerade mal überlebt hat ein Teil der enormen Glockenturm-Sakristei an der Piazza Malatesta aus dem 14. Jh.).

Außer der bereits erwähnten, sehr umgebauten Kirche der Augustiner seien die Stadtgemeindepaläste genannt: der "dell'Arengo" mit seinen großen Mehrbogenfenstern und den schönen frühgotischen Bögen, er stammt aus dem Jahr 1204; der "del Podestä" stammt aus dem 14. Jh., aber er ist zu Beginn des vorigen Jahrhunderts substantiell restauriert und umgebildet worden.

In die Kämpfer eines Bogens der Seite dieses Palastes sind schlichte heraldische angioinische (die Lilien) und malatestianische (das Schachbrettmuster) Motive eingemeißelt worden.

Zwischen dem Malatesta-Palast, der Kathedrale und den Stadtgemeindepalästen spielte sich ein Großteil des öffentlichen zivilen und religiösen Lebens der Stadt ab, man traf die Entscheidungen über die Politik des Staates und man erledigte die Gerichtsbarkeit.

In dieser Zone, dem wirklichen städtischen Leitungszentrum, hatten auch die ökonomischen Aktivitäten ihren Sitz: die Theken der Notare und Juden und der Markt, der sich um den einzigen antiken Brunnen herum, vor dem Arengo-Palast abspielte.

Diesen Brunnen gibt es noch immer, und da er im sechzehnten Jahrhundert großenteils erneuert und danach häufig restauriert worden ist, bewahrt er einen archaischen Geschmack und manches mittelalterliche Element; wegen seiner runden Form und der einander überragenden Becken erinnert er, auf bescheidenere Weise, an den berühmten Hauptbrunnen von Perugia.

Eine mögliche "malatestianische Besichtigungstour" könnte genau hier bei dieser antiken Piazza der Gemeinde oder des Brunnens (jetzt Piazza Cavour) beginnen, ebenso nahe den Überresten der ursprünglichen Kathedrale, wie der Hauptresidenz der Malatesti (dem Castel Sismondo) und der Kirche Sant'Agostino.

Durch den Corso d'Augusto kommt man leicht zur Piazza Tre Martiri, dem antiken Forum des römischen Rimini (mit einem Stein, der an Cäsars Ausspruch vom Überschreiten des Rubikons erinnert, und einer Kapelle zum Angedenken an ein berühmtes Wunder des Sant'Antonio von Padua, dem der Maultierstute), und wenn man dann in Richtung Meer abbiegt, trifft man auf den Tempio Malatestiano.

Wir besitzen ein außergewöhnliches "Portrait" des malatestianischen Rimini aus der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts: es handelt sich um ein Basrelief auf einer Fliese des Tempio Malatestiano, das mit der für Agostino d! Duccio üblichen Feinheit gemeißelt worden ist und den Krebs darstellt, das Tierkreiszeichen der Stadt und seines Signore, Sigismondo Pandolfo Malatesta.