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Rimini Malatesti in Rimini

 

 

 

 

 

     
Rimini
  Route 4  
     
     

Kunst beim Niedergang einer großen Signoria

Rimini Stadtmuseum
via L Tonini, i
Tel. 0541 21482
www.comune.rimini.it/musei/
citta/index.htm
musei@comune.rimini.it
Geöffnet: ganzjährig

Ehrgeiz und Anmaßung führten Sigismondo zu einer ganzen Reihe von politischen Bewertungen und falschen Entscheidungen, häufig interpretiert als Verrat, welche die traditionellen Streitigkeiten mit dem schlauen Rivalen Federico da Montefeltro und die Feindseligkeit von Pio II, der wieder in den direkten Besitz der malatestianischen Lande gelangen wollte (quasi sicher, um damit dann seine Neffen Piccolomini zu belehnen), verschärften.

So kam es 1461 zur Exkommunikation des rimineser Signore, auf die sehr bald die unvermeidliche, totale Niederlage durch die von Federico da Montefeltro kommandierten päpstlichen Truppen folgte (1463).

Für Sigismondo verblieb gerade noch die Herrschaft über die Stadt ohne ihr ländliches Gebiet, und dies führte für ihn zur absoluten Notwendigkeit, sich als schlichter Kondottiere in den Sold zu begeben.

Die Venezianer nahmen ihn für dreihundert Florentiner Taler im Monat, um die Türken in Morea (Peleponnes) zu bekämpfen, wo er von 1464 bis 1465 war. Zerstört kehrte er heim und hatte sich dem Vorschlag des neuen Papstes Paolo II zu stellen, die Vogtei zu tauschen: Spoleto gegen Rimini. Erniedrigt starb er 1468. Bestimmte Teile seines verbliebenen Vermögens dienten zur Fortführung der Arbeiten am Tempio Malatestiano.

Die vielleicht letzte in Auftrag gegebene Arbeit nach seiner Rückkehr vom Peleponnes ist eine Pista bei Giovanni Bellini gewesen, die wahrscheinlich erst nach seinem Tod fertig und seinem Hauptberater, Rainerio Mellorati, angeliefert wurde, von dem sie durch Testament an die Franziskaner gelangte; jetzt bewahrt man sie im Stadtmuseum auf, dessen kostbarstes Juwel sie darstellt. Wegen der Raffinesse, mit der die Figuren auf dem schwarzen Hintergrund aufgetragen sind, von einer sanften aber scharfen Linie beschrieben, modelliert durch ein ruhiges, weiches Licht, eingesenkt in eine warme und zarte Farbe, handelt es sich um ein Stück großer Malerei und höchster Poesie.

Im verlassenen Körper des Christus scheint das Mysterium des Todes verborgen zu sein; in den Engelchen, die ihn stützen, das Mysterium des Lebens. Ein Empfinden hoher, tiefgründiger Ergriffenheit kreist in diesem Gemälde, zum Lobpreis einer Würde und menschlichen Schönheit, die nicht einmal der Schmerz und der Tod auslöschen können.

Im Stadtmuseum sind noch verschiedene weitere Zeugnisse der malatestianischen Epoche versammelt, Keramiken aus dem 14, und 15. Jh., Fresken, Wappen. Gedenktafelfragmente. Skulpturen und eine Reihe sehr schöner Medaillen, die um die Mitte des 15. Jhs. von Matteo de'Pasti für Sigismondo und Isotta gegossen wurden.

Außerdem gibt es hier ein beachtliches Altarbild, das als Arbeit des Domenico Ghirlandaio aus der zerstörten Kirche San Domenico stammt und vom Enkel Sigismondos, Pandolfo IV Malatesta, "II Pandolfaccio" genannt und letzter Signore Riminis, in Auftrag gegeben wurde. Es stellt Die Heiligen Vincenzo Ferreri, Sebastiano und Rocco mit der ganzen Malatesta-Familie dar, wie sie zu deren Füßen knien (das sind: Pandolfo IV mit der Gattin Violante Bentivoglio, die Mutter EUsabetta Aldobrandini, der Bruder Carlo).

Es scheint, es sei ein großes Ex Vota für die überwundene Pestgefahr. 1493 in Auftrag gegeben, das heißt kurz vor dem Tod Ghirlandaios (1494), wurde es von seinem Bruder David - mit Hilfe von Fra' Bartolomeo für die Portraits - fertiggestellt: letztere gefielen den Auftraggebern nicht und wurden übermalt. Sie sind erst bei einer Restaurierung 1923 wieder sichtbar gemacht worden.

Dieses Altarbild ist der letzte Akt des Mäzenatentums der malatestia-nischen Signoria, die nun eindeutig die Dämmerung erreicht hatte. 1498 stifteten die rimineser Honoratioren eine Verschwörung gegen Pandolfo IV an; sie schlug fehl und zog seitens des jungen und verhassten Signore grausame Rache nach sich.

Wenig später wurde er gezwungen, auf Drängen Cesare Borgias, genannt "Il Valentino", die Stadt zu verlassen. 1503 kehrte er zurück, aber nur, um die Signoria an die Venezianer zu verkaufen, die sie 1509 der Kirche zurück geben mussten.

Trotz der Feindseligkeit der Rimineser versuchte Pandolfo weiterhin, bis 1528, erneut Signore von Rimini zu werden; erfolglos.

Der Vater von Pandolfo IV, Roberto, genannt Il Magnifico (großartig, prächtig, erhaben, A.d.Ü.), war gewalttätig und grausam wie sein Sohn gewesen, aber gewiss nicht so unfähig; nach dem Tod Sigismondos war es ihm binnen kurzem gelungen, sich die Brüder und Isotta vom Hals zu schaffen und Rimini, dem er einen Teil des Gebietes zurückgewinnen konnte - auch dank der Hochzeit mit Eusabetta, der Tochter Federico da Montefeltros (1475) - allein zu regieren.

Er war ein großer General und verstarb vorzeitig (1482), während er im Dienst des Papstes kämpfte, der ihm in San Pietro in Rom ein großes Denkmal errichten ließ. Von ihm werden im Stadtmuseum vor allem eine Reihe von rjeckentäfelcheri mit Wappen und Symbolen aufbewahrt, die aus einem seiner rimineser Paläste stammen.

Mit der Besichtigung der im Museum versammelten und konservierten malatestianischen Zeugnisse kann man diese kurze malatestianische Tour, welche die Stadtmauern, das mittelalterliche Zentrum mit den Stadtgemeinde-Palästen und CastelSismondo sowie den Tempio MalatesjiaiLo berührt hat, als abgeschlossen betrachten.

Aber wer einen angenehmen Spaziergang auf dem Covlgnano-Hügel im Rücken Riminis machen möchte, der im 15. Jh. an Waldungen reich war und großenteils den Malatesti gehörte, wird noch eine schöne malatestianische Kirche sehen können.

Es handelt sich um die Pfarrkirche San Fortunato, die mit Steinwappen von Roberto Malatesta verziert ist. Tatsächlich ist ihm die Erneuerung der Gebäudefassade im Renaissance-Stil zu verdanken; der Bau gehörte zur Olivetaner-Abtei Santa Maria di Scolca, die Anfang des Jahrhunderts durch Carlo Malatesta errichtet und nach der napoleonischen Unterdrückung zerstört worden ist, um die Trümmer als Baumaterial zu verkaufen.

Von Carlo Malatesta gibt es noch ein Wappen in der Mitte der Kastendecke des schlichten und hellen, mit Stuck aus dem 17. Jh. verzierten Schiffes.

In dieser Kirche kann man auch Werke bewundern, die nichts mit den Malatestizu tun haben, die jedoch zu den interessantesten der Stadt gehören: ein Tafelbild von Giorgio Vasari, das die Anbetung der Heiligen Drei Könige (in der Apsis) darstellt, gemalt 1547; und ein interessanter Freskenzyklus von Girolamo Marchesi da Cotignola aus dem Jahr 1512 (in der Sakristeikapelle).

Vor der Kirche liegt ein schöner Platz mit Renaissance-Proportionen, von dem aus man das Meer und Teile des malatestianischen Gebietes zu den Marken hin sieht, vom Kap bei Gabicce bis zu den ersten Burgen, welche die Hügel des Conca-Tals krönen.

Fast ist das eine Einladung, die Wurzeln und Zeichen dieser großen und mächtigen Familie in jenem Gebiet zu suchen, über das sie drei Jahrhunderte lang geherrscht hat.


Vertiefung —* Im malatestianischen Gebiet
Es scheint, dass das malatestianische Mäzenatentum einzig oder vor allem in den Hauptstädten und den wichtigsten Zentren des Staates praktiziert worden ist. Außer in Rimini gibt es Spuren davon in Cesena, Pesaro, Fano, Fossombrone, Senigallia; und auch sehr viel weiter entfernt, in Bergamo und Brescia, die nur für wenige Jahrzehnte malatestianische Städte gewesen waren. Aber im rimineser Gebiet bestehen sie fast ausschließlich aus Burgen und Kastellen, also Architektur militärischen Charakters, wie man sie ein wenig überall an den Ortsrändern oder auf den Gipfeln der Hügel findet. Die Straßen des Marecchia- und des Conca-Tals stellen zwei perfekte Besichtigungsstrecken dar, um Klarheit über deren Merkmale zu erlangen.
Häufig haben diese Bauwerke illustre Persönlichkeiten beherbergt, und in ihnen starben einige der Malatesti oder haben dort das Licht der Welt erblickt: also hatten sie nicht nur eine Verteidigungs- und Garnisonsfunktion für das Gebiet, sondern waren - wenn auch nur zeitweilig - Orte der Residenz und Repräsentation.
Aus mehreren Quellen wissen wir, dass die Burg von Mondaino mehrere Male Ort diplomatischer Treffen gewesen ist; die von Gradara, San Giovanni in Marignano und Saludecio hatten häufig den Hof zu Gast, der "mal andere Luft schnuppern" wollte; die Burgen des Conca-Tals, vor allem die von Montefiore, wurden für die ]agd bevorzugt. Die privaten Apartments der Signore in Montescudo und Saludecio standen immer zur Aufnahme bereit, so wie übrigens in fast allen anderen Hauptkastetlen. All dies wird die Anwesenheit von Ausstattungsgegenständen. Hausrat und Kunstwerken einer gewissen Qualität und eines gewissen Wertes bedeutet haben, auch so manche Bewegung von Künstlern und Handwerkern. Aber davon gibt es keinerlei Spuren, nichts dergleichen zeigt sich. Eine erfreuliche Ausnahme stellen die Fragmente der Fresken in der Burg von Montefiore dar, die auf Wunsch von Malatesta Ungaro durch den Bologneser Jacopo Avanzi um 1370 herum in dem "deü'lmperatore" genannten Saal ausgeführt worden sind, der ganz mit Figuren und Episoden der römischen Geschichte geschmückt gewesen war.
Die Gebäude der Signori, auch wenn sie in einigen Fällen prachtvoll verzierte und vielleicht komfortable, gewiss jedoch für die Mehrheit der Untertanen unerreichbare Wohnungen hatten, zeigten sich mit schroffem Antlitz und kehrten durch ihre Respekt und vielleicht auch Angst einflößende Größe und Form vor allem ihre mächtige Masse hervor.
Auch die vermögenden und adligen lokalen Familien scheinen während der malatestianischen Epoche keine Spuren irgendeines überzeugenden künstlerischen Mäzenatentums im Gebiet hinterlassen zu haben: vielleicht, weil sie - auch wenn sie Besitztümer und Vermögensinteressen in der "Grafschaft" hatten - durch die rimineser
Stadtverfassung gezwungen waren, in der Stadt zu residieren, wo der Signore sie leichter kontrollieren konnte.
Außerhalb der Burgen und Kastelle ist die malatestianische Präsenz im rimineser Binnenland also nur schwer erkennbar. Es kann sein, dass es in den antiken Kirchen der Bettelorden, die von den Malatesta seit dem 13. Jh. gefördert worden waren, Werke gegeben hat, die auf ihr Mäzenatentum rückführbar wären; aber religiöse Gebäude von mittelalterlicher Struktur gibt es nur noch sehr wenige, weil sie entweder verlassen wurden und deshalb zusammengebrochen sind, oder weil man sie (fast immer im Laufe des 18. Jhs.) mit all ihrem Zubehör erneuert hat. Heute sind die wichtigsten Zeugnisse religiöser Kunst des Mittelalters im rimineser Gebiet auf einige kostbare Kruzifixe begrenzt, die von rimineser Malern aus der ersten Hälfte des 14. Jhs. auf Holz gemalt worden waren. Davon lassen sich einige herrliche und gut konservierte in Montefiore, Misano, Verucchio und Santarcangelo antreffen. Das vielleicht älteste befindet sich in der Pfarrkirche von Talamello; es stammt aus einer antiken Augustinerkirche und ist lange Zeit Giotto zugeschrieben worden, jedoch ein Werk Giovanni da Riminis vom Beginn des 14. Jhs. Das jüngste befindet sich in der Kollegiatskirche von Verucchio, ist rein augustinischer Herkunft, vom venezianischen Maler Nicolö di Pietro unterzeichnet und mit 1404 datiert. Für diese Arbeiten allerdings kann man ohne einigen Grund keinen malatestianischen Auftrag hypothesieren. A proposito Verucchio: man beachte, dass in der Kollegiatskirche aus dem 19. Jh. die Seitenschiffe seltsamerweise von Stuckbildnissen Malatesta da Verucchios und Sigismondo Malatestas dominiert werden, obwohl sie weder zu Lebzeiten noch nach dem Tode eine gute Reputation genossen haben; aber hier werden sie ein wenig den Laren und den Renaten (Hausgöttern, A.d.Ü.) assimiliert (und so verehrt).
Ein malatestianisches Wappen, das einen malatestianischen Auftrag annehmen ließe, taucht in der Ausschmückung einer Kapelle in Talamello (nahe dem Friedhof) auf, deren Besichtigung absolut der Mühe wert ist. Dennoch handelt es sich nicht um eine Initiative der Signori von Rimini, sondern des Bischofs des Montefeltrogebietes, Giovanni Seclani, der ein franziskanischer Freund und Anhänger der Motatesti war, deren Wappen er verwendete (gut sichtbar in der Mitte einer Lünette). Die gesamte Ausschmückung ist ein Werk des Ferraresers Antonio Alberti und um 1437 herum zu datieren. Im Kreuzschiff werden in einem herrlichen Azur die vier Evangelisten abgebildet; in den Lünetten die Anbetung der Heiligen Drei Könige, die Ankündigung und die Präsentation lesu im Tempel. Tiefer dann zwölf heilige Männer und Frauen und auf dem Altar eine Madonna der Demut mit dem Auftraggeber zwischen zwei Heiligen. Insbesondere die Kappen des schlichten gotischen Gewölbes haben einen Teil ihres far-
Oben, Jacopo Avanzi, Detail einer "Reiterschlacht" (ca. 1370), Fresko in der Malatesta-ßurgvon Montefiore. Unten links, rimineser Maler des 14. Jhs., Kruzifix, in der Kollegiatskirche von Verucchio; rechts, Andrea della Robbia, Madonna mit Kind, in der Kirche Santa Maria d'Antico in Maiolo (PU). 39
bigen Putzes verloren, aber die Gesamtwirkung bleibt gleichermaßen außerordentlich: wegen der freundlichen und ein wenig rustikalen Pracht und wegen der Lebendigkeit der Szenen, welche die zeitgenössische höfische Welt darstellen, die vom Künstler naiverweise als ein Modell der Perfektion angesehen worden ist. Ein ähnliches, jedoch fragmentarisches Fresko, vielleicht einem Anhänger des Alberti zu verdanken, befindet sich in der San Cristoforo-Kirche in Pennabilli (es stellt die Ankündigung und die Madonna mit dem Kind dar), umschlossen von einer schönen Renaissance-Ädikula urbineser Geschmacks (1528).
Längs der Straße, die den Marecchia-Fluss entlang führt, gibt es noch eine Renaissance-Kirche, deren Besichtigung der Mühe wert ist: Santa Maria d'Antico. mit einem Portal, das von einer schönen Lünette aus dem 15. Jh., in die eine archaisierende Madonna der Barmherzigkeit eingehauen worden ist, verziert wird. Die Verzierung des Presbyteriums mit Pilastern, Rahmen und Kassetten aus Stein ist von harmonischer Renaissance-Architektur (1484 -1504) und verweist auf urbineser Modelle: im Zentrum erstrahlt eine Andrea della Robbia zugeschriebene makellose, sehr sanfte Madonna mit dem Kind in Majolika. Diese Werke haben wir dem Interesse der Grafen Ollvo di Piagnano zu verdanken, die viele Jahre hindurch treue Verbündete der Malatesti gewesen sind.